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Abgabenordnung - Steuerbescheide nach § 164 AO

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Abgabenordnung

Steuerbescheide nach § 164 AO

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Steuerbescheide nach § 164 AO

Voraussetzungen

Die §§ 164 Abs. 1 und 165 Abs. 1 AO stellen Öffnungstatbestände dar, die eine Berichtigung des Bescheides unter bestimmten Voraussetzungen auch nach Eintritt der Unanfechtbarbeit ermöglichen.  

Solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, kann der Steuerbescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden (§ 164 Abs. 1 S. 1 AO). Nimmt das FA den Vorbehaltsvermerk ausdrücklich im Bescheid auf, spricht man von einem behördlichen/manuellen VdN. Die Nebenbestimmung lautet im Steuerbescheid wie folgt:

„Der Bescheid ergeht nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.“

Einer weiteren Begründung iSv. § 121 Abs. 1 AO bedarf es nicht.

Hinweis

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Neben dem Vorbehalt der Nachprüfung durch ausdrücklichen Vermerk (§ 164 Abs. 1 S. 1 AO) als Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt gem. § 120 AO, kann auch noch der Vorbehalt kraft Gesetzes bestehen:

  • Steueranmeldung (§§ 167, 168 AO)

    • Umsatzsteuer-Voranmeldung (§ 18 Abs. 1 UStG)
    • Umsatzsteuer-Jahresanmeldung (§ 18 Abs. 3 UStG)
    • Lohnsteuer-Anmeldung (§ 41a EStG) 
  • Vorauszahlungen (§ 164 Abs. 1 S. 2 AO)

    • z.B. Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen
    • Umsatzsteuer-Voranmeldungszeiträume

Folglich kann zwischen dem Vorbehalt kraft ausdrücklichen Vermerkes und dem Vorbehalt kraft Gesetzes unterschieden werden, was in der folgenden Abbildung noch einmal veranschaulicht wird: 

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Wirkungen des Vorbehaltes

Ergeht ein Bescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO), so wird er dennoch formell bestandskräftig, wenn ihn der Steuerpflichtige nicht innerhalb der Einspruchsfrist angreift (§ 355 Abs. 1 AO). Trotzdem gibt es keine materielle Bestandskraft, d. h., der Regelungsinhalt des Bescheids wird für die Beteiligten, nämlich FA und Inhaltsadressat, nicht verbindlich, vgl. § 164 Abs. 2 S. 1 AO. Die Konsequenz ist, dass der Bescheid nach Ablauf der Frist mit einem Einspruch nicht mehr angefochten werden kann, aber dennoch zugunsten wie zuungunsten des Betroffenen nach § 162 Abs. 2 AO änderbar ist. Stpfl. können einen Antrag stellen, das Finanzamt kann Änderungen vornehmen.

Hinweis

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Denken Sie an die formelle und materielle Bestandskraft. Formelle Bestandskraft tritt ein mit der Unanfechtbarkeit eines VA ein (v. a. nach Ablauf der Einspruchsfrist). Materielle Bestandskraft bedeutet, dass der Verwaltungsakt für die Beteiligten (Behörde und Betroffene) grundsätzlich bindend und einer erneuten/weiteren sachlichen Prüfung entzogen ist. Der Eintritt der Bindungswirkung wird durch den Vorbehalt der Nachprüfung verhindert (siehe hierzu AEAO Nr. 1-4 vor §§ 172 bis 177).

Hinweis

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Der Vorbehaltsvermerk nach § 164 Abs. 1 AO umfasst immer den gesamten Bescheid (AEAO Nr. 4 zu § 164).

Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann der Bescheid bei Vorliegen formeller Bestandskraft mangels materieller Bestandskraft jederzeit geändert werden (AEAO Nr. 4 zu § 164). Daraus folgt, dass der Steuerpflichtige eine Änderung (auch die Aufhebung des Vorbehalts) jederzeit beim Finanzamt beantragen kann. Das FA kann die Änderung jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalles zum Beispiel anlässlich einer Außenprüfung hinausschieben (§ 164 Abs. 2 S. 3 AO).

Übungsfall:

Der Steuerpflichtige Rainer Zufall ist als Weinhändler gewerblich tätig. Mit Bescheid vom 13.11.13 hat das Finanzamt Detmold den Steuerpflichtigen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO zur Einkommensteuer 11 veranlagt. Laut ordnungsgemäßer Prüfungsanordnung soll im Jahre 14 eine Außenprüfung bei Zufall durchgeführt werden und u.a. die Einkommensteuer 11 geprüft werden. Mit Schreiben vom 19.11.13 (= Eingang im Finanzamt) legt Zufall einen zulässigen Einspruch gegen die Nebenbestimmung - hier den Vorbehalt der Nachprüfung - ein. Er finde es nicht in Ordnung, dass sich das Finanzamt alles offen halte.

Hat der zulässige Einspruch des Zufall Aussicht auf Erfolg?

Lösung:

Der Einspruch ist auch gegen einen unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Steuerbescheid statthaft. Eine „isolierte“ Anfechtung des Vorbehalts der Nachprüfung als Nebenbestimmung ist jedoch nicht möglich. Der Einspruch wäre zwar zulässig, jedoch – wenn die Steuerfestsetzung zutreffend ist – unbegründet.

Der Einspruch des Zufall hat demnach keine Aussicht auf Erfolg.

Der Vorbehalt der Nachprüfung muss aufgehoben werden, wenn eine abschließende und umfassende Außenprüfung durchgeführt wurde (vgl. § 164 Abs. 1 S. 1 AO oder § 164 Abs. 3 S. 3 AO). Auch wenn der Vorbehalt der Nachprüfung aufzuheben ist, bleibt der Vorbehalt der Nachprüfung so lange wirksam, bis das Finanzamt den Vorbehalt ausdrücklich aufhebt bzw. dieser durch Ablauf der Festsetzungsfrist entfällt (§ 164 Abs. 4 AO).

Der Vorbehalt der Nachprüfung besteht auch dann weiter, wenn nach Vorbehaltsfestsetzung eine korrigierte Steuerfestsetzung erfolgt und dabei keine Aussage zum Vorbehalt der Nachprüfung gemacht wird (vgl. AEAO zu § 164 Nr. 6).

Bei der Festsetzung von Vorauszahlungen gilt allerdings eine Ausnahme. Nach § 164 Abs. 1 S. 2 AO erfolgt die Festsetzung immer – auch ohne Nebenbestimmung – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Eine Aufhebung des Vorbehalts ist nicht möglich!

Korrektur von Bescheiden unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 2 AO

 

Ende des Vorbehaltes

Der Vorbehalt der Nachprüfung endet durch Aufhebung oder Wegfall des Vorbehalts. Es folgt eine Abbildung, die die wesentlichen Informationen enthält, wobei die Details im Anschluss erläutert werden:

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Das FA kann den Vorbehalt jederzeit aufheben (§ 164 Abs. 3 AO). Kommt das FA Siegen im vorherigen Fall zur Auffassung, dass Roses Betrieb wegen personeller Engpässe nicht mehr geprüft werden kann, so muss es den Vorbehalt aufheben (§ 5 AO). Die Aufhebung steht einer Festsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich, stellt also einen Verwaltungsakt dar (§ 164 Abs. 3 S. 2 AO) und kann daher mit einem Einspruch angefochten werden. Einer Begründung bedarf die Aufhebung nicht (AEAO Nr. 6 zu § 164).

Beispiel

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Karl Karlsons (KK) ESt 01 ist unter Vorbehalt der Nachprüfung mit einer ESt von 19.888 € veranlagt worden. Da bei KK im Jahr 03 eine Außenprüfung stattfinden soll, steht der Bescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung. KK entdeckt in dem Bescheid einen Rechtsfehler mit einer steuerlichen Auswirkung zu seinen Ungunsten von 1.000 €. Er nimmt sich vor, bei der anstehenden Außenprüfung diesen Fehler zu klären und berichtigen zu lassen, und lässt den Bescheid (formell) bestandskräftig werden.

Anfang 03 hebt das FA den Vorbehalt auf. Mit einem Einspruch gegen die Aufhebung (§ 347 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO) kann KK noch eine Berücksichtigung des Fehlers in seinem bestandskräftigen Bescheid erreichen. Die Aufhebung ist ein VA und als solcher mit dem Einspruch anfechtbar, §§ 347 ff AO.

Selbstverständlich kann das FA auch bei Stpfl., die im Allgemeinen der Außenprüfung nicht unterliegen, z. B. Arbeitnehmern mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG), einen Vorbehaltsvermerk aufnehmen. Dies wird in der Praxis zum Beispiel angewendet, wenn die Veranlagung durchgeführt werden soll, aber noch Belege fehlen.

In zwei Fällen entfällt der Vorbehalt der Nachprüfung:

  • durch Aufhebung

    wenn eine Außenprüfung stattgefunden hat und sich Änderungen gegenüber der früheren Steuerfestsetzung nicht ergeben haben (§ 164 Abs. 3 S. 3 AO);

    Übungsfall:

    Nach einer Außenprüfung ändert das FA Bonn den unter VdN stehenden ESt-Bescheid von 12.800 € auf 14.200 €. Kann der Änderungsbescheid wieder mit einem Vorbehaltsvermerk versehen werden?

    Lösung:

    Eine Auslegung des § 164 Abs. 3 S. 3 AO nach Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt, dass nach einer Außenprüfung Rechtsfrieden eintreten soll. Daher muss bei einer unveränderten Steuer der Vorbehalt stets aufgehoben werden. In den auf die Außenprüfung folgenden Änderungsbescheid darf andererseits ein Vorbehalt nicht mehr aufgenommen werden. Der Fall gilt als abschließend geprüft; vgl. hierzu auch § 164 Abs. 1 Satz 1 AO.

    Würde das FA den Änderungsbescheid trotzdem mit einem Vorbehalt versehen, so müsste der Stpfl. Einspruch einlegen, wenn er die Nebenbestimmung beseitigt haben will. Die Nebenbestimmung ist demnach rechtswidrig, aber nicht nichtig. Lässt der Stpfl. den Bescheid (formell) bestandskräftig werden, so ist der Vorbehalt wirksam im Bescheid enthalten (BFH v. 15.12.1994, V R 135/93, BFH/NV 1995, S. 938).

  • automatisch kraft Gesetzes

    wenn die reguläre Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO) eingetreten ist, § 164 Abs. 4 AO, also regelmäßig nach vier Jahren.

Hinweis

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Bestimmte Ablaufhemmungen nach § 171 AO hemmen auch den Wegfall des Vorbehalts der Nachprüfung (vgl. § 164 Abs. 4 AO).

 Zusammenfassend ergibt sich für den Vorbehalt der Nachprüfung folgendes Prüfungsschema: 

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