Kursangebot | Bilanz nach Handelsrecht | Anschaffungskosten & Herstellungskosten im HGB

Bilanz nach Handelsrecht

Anschaffungskosten & Herstellungskosten im HGB

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Grundlegende Begriffe

Wir besprechen im Folgenden

  • Anschaffungskosten und

  • Herstellungskosten.   

Anschaffungskosten

Wir bestimmen die Anschaffungskosten

  • bei entgeltlichem Erwerb und

  • bei Tauschgeschäften.   

Anschaffungskosten bei entgeltlichem Erwerb

Für erworbene Vermögensgegenständen gilt das Prinzip, dass diese zu Anschaffungskosten zu aktivieren sind. Unter Anschaffungskosten versteht man nach § 255 I HGB folgende vier Positionen:

  • Kaufpreis (meistens, konkret bei vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmen, ohne Mehrwertsteuer, d.h. netto)
  • abzgl. Anschaffungspreisminderungen
  • zzgl. Anschaffungsnebenkosten
  • zzgl. nachträglichen Anschaffungskosten.

Merke

Hier klicken zum AusklappenEntscheidend ist, dass nur und ausschließlich Einzelkosten zu den Anschaffungskosten zählen (§ 255 I, 1 letzter Halbsatz, HGB). Das bedeutet insbesondere, dass Gemeinkosten (die also nicht einzeln dem Kostenträger zugeordnet werden können) nicht zu den Anschaffungskosten zählen. Hierunter fallen nach unserer Ansicht insbesondere die so genannten Boni, die nicht einzeln dem Vermögensgegenstand zuordenbar sind und daher nicht Bestandteil der Anschaffungskosten sein können.

Beachte zum Nichteinbezug der Vorsteuer auch § 9b EStG.

Kommen wir zu den einzelnen Positionen der Anschaffungskosten.  

Anschaffungspreis

Ausgangspunkt der Anschaffungskosten bildet der Kaufpreis. Die meist anfallende Umsatzsteuer ist abzuziehen, sofern es sich um ein vorsteuerabzugsberechtigtes Unternehmen handelt. Unternehmen, die die Mehrwertsteuer nicht abziehen dürfen, müssen daher den Bruttobetrag ansetzen und nicht den Nettobetrag. In den meisten Fällen ist es jedoch so, dass lediglich der Nettobetrag zum Zuge kommt und beim Kaufpreis daher die Mehrwertsteuer raus gerechnet werden muss.

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDie X-AG kauft eine Maschine zum Bruttopreis von 1.190 €.

Als Kaufpreis, der Ausgangspunkt für die Ermittlung der Anschaffungskosten ist, gilt damit lediglich 1.190 : 1,19 = 1.000 €.

Anschaffungspreisminderungen

Zum zweiten Punkt, den Anschaffungspreisminderungen.
Zu den Anschaffungspreisminderungen werden von vielen

  • Rabatte

  • Skonti

  • Boni

gerechnet. Rabatte mindern den Nettoverkaufspreis und bilden deshalb einen Abzugsposten.

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenAuf die oben erwähnte Maschine zum Bruttowert von 1.190 € wird ein 10%-iger Rabatt gewährt. Wie hoch sind die Anschaffungspreisminderungen?

Der Anschaffungspreis ist, wie oben bereits erwähnt, netto 1.190 : 1,19 = 1.000 €. Hiervon sind wegen des ausgesprochenen Rabatts 10 % von 1.000 €, also 100 € Rabatt, abzuziehen. Es verbleiben also 900 €.

Ein Skonto beinhaltet das Recht, vom Verkaufspreis einen bestimmten Betrag abzuziehen, wenn man innerhalb einer bestimmten Frist bezahlt.

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenAuf den Nettoverkaufspreis nach Rabatt bei der oben erwähnten Maschine wird ein Skonto von 2% bei Zahlung innerhalb von zehn Tagen gewährt, ansonsten ist der Nettoverkaufspreis nach Rabatt innerhalb von 30 Tagen fällig. Wie hoch ist der Skonto?

Es liegt ein Skonto vor in Höhe von 0,02·900 = 18 €. Da die Nichtinanspruchnahme eines Skontos ein sehr teurer Lieferantenkredit ist, sollte der Skonto in Anspruch genommen werden. Von daher erscheint es plausibel, einen Skonto auch bilanztechnisch vom Nettoverkaufspreis abzuziehen und nur den nach Skontoabzug niedrigeren Wert (zuzüglich eventuell anfallender Anschaffungsnebenkosten) zu aktivieren.

Zum dritten Punkt, nämlich den Boni, ist folgendes zu sagen: Ein Bonus wird nicht auf einen einzelnen Vermögensgegenstand, der verkauft wird, gewährt, sondern einem „guten Kunden“ generell eingeräumt.

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDa die Müller-AG langjähriger Kunde der X-AG ist, darf sie die oben erwähnte Maschine zusätzlich zum gewährten Rabatt von 10% abzüglich eines Treuebonus für langjährig gute Zusammenarbeit in Höhe von 5% beziehen. 

Die Berechnungsgrundlage ist der Nettoanschaffungspreis in Höhe von 1.000 € abzüglich des Rabattes in Höhe von 100 € und abzüglich des Skontos in Höhe von 18 €. Dies ergibt einen Betrag in Höhe von 882 €. Der Bonus beträgt demnach 44,10 €.  

Also: Bonus auf Nettoanschaffungspreis nach Rabatt und nach Skonto

Problematisch am möglichen Abzug des Bonus ist jedoch die Formulierung in § 255 I, 1 letzter Halbsatz HGB. Hiernach dürfen nur einzeln zurechenbare Kosten (= Einzelkosten) als Anschaffungskosten gelten. Da ein Bonus im Gegensatz zum Rabatt aber gerade nicht dem Vermögensgegenstand einzeln zuordenbar ist, sondern lediglich dem Käufer generell für mehrere Vermögensgegenstände gewährt wird, handelt es sich bei einem Bonus gerade nicht um Einzelkosten, sondern im Rahmen der Zuordnung zum einzelnen Vermögensgegenstand nur um Gemeinkosten. Daher dürfen nach unserer Ansicht Boni nicht vom Nettoanschaffungspreis abgezogen werden, die einzig zulässigen Anschaffungspreisminderungen sind deswegen

  • Rabatte

  • Skonti.

Anschaffungsnebenkosten

Zu den Anschaffungsnebenkosten gehören nach § 255 I 1 HGB jene Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand in seinen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Hierzu zählen

  • Fundamentierungskosten,

  • Versicherungen,

  • Frachtgebühren usw.

Die Anschaffungsnebenkosten machen oftmals einen nicht unerheblichen Teil der Anschaffungskosten insgesamt aus. Auch sie sind grundsätzlich netto zu buchen (soweit die bilanzierende Unternehmung zum Vorsteuerabzug berechtigt ist).  

Nachträgliche Anschaffungskosten

Bei den nachträglichen Anschaffungskosten nach § 255 I, 2 HGB handelt es sich um Kosten, die nach dem Kauf entstehen (im Gegensatz zu den Anschaffungsnebenkosten, die mit dem Kaufakt verbunden sind). Wichtig ist aber, dass die nachträglichen Anschaffungskosten in einem zeitlichen Zusammenhang zu dem Akt der Anschaffung stehen.

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDie X-GmbH kauft einen Computer im Wert von 2000 €, sechs Monate nach Anschaffung wird zusätzlich eine Grafikkarte angeschafft und in den Computer eingebaut. Der Kaufpreis für die Grafikkarte beträgt 500 €. Muss diese einzeln aktiviert werden, oder erhöht sie als nachträgliche Anschaffungskosten die gesamten Anschaffungskosten des Computers?

Da die Anschaffung in einem zeitlichen Zusammenhang zum Kauf steht und sie die Gebrauchsfähigkeit des Computers, d.h. dessen Substanz, drastisch erhöht, ist die Grafikkarte im Rahmen der nachträglichen Anschaffungskosten zu buchen.  

Zusammenfassung

Anschaffungskosten bei Tauschgeschäften

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDie Anschaffungskosten einer gebrauchten Maschine liegen bei 30.000 €, ihr Restbuchwert bei 10.000 €. Ein Händler nimmt die Maschine mit 18.000 € in Zahlung, am Markt wäre sie für € 15.000 € zu verkaufen gewesen. Der empfohlene Preis für die neue Maschinen ist 25.000 €. Es erfolgt eine Zuzahlung von 4.000 €.

Es gibt drei unterschiedliche Methoden, wie man mit einem Tausch handelsbilanziell umgeht. Steuerbilanziell ist nur eine hiervon zulässig:

  • Zeitwertansatz

    • erfolgswirksam

    • erfolgsneutral

  • Buchwertansatz.

In der Steuerbilanz ist ausschließlich der erfolgswirksame Zeitwertansatz möglich.

Erfolgswirksamer Zeitwertansatz

Die Anschaffungskosten des eingetauschten Gegenstandes bemessen sich aus dem Zeitwert der hingegebenen Maschine zzgl. der geleisteten Zuzahlung. Der Ansatz ist erfolgswirksam, da die Differenz aus (kalkulierten) Anschaffungskosten und Summe aus Restbuchwert und Zuzahlung als Ertrag verbucht wird.

Positionen

Betrag

Zeitwert der eingetauschten Maschine

15.000

Zuzahlung

4.000

Anschaffungskosten der neuen Maschine

19.000

Ermittlung Anschaffungskosten

Der Buchungssatz lautet

Maschinen19.000anKasse4.000
   Maschinen10.000
   SBE5.000

 

Erfolgsneutraler Zeitwertansatz

Statt der erfolgswirksamen Buchung der 5.000 € ist es auch möglich, diese nicht „an Ertrag“, sondern „an Rücklagen“ zu buchen. Diese Alternative ist daher erfolgsneutral, die Anschaffungskosten sind insbesondere identisch zum erfolgswirksamen Zeitwertansatz.

Positionen

Betrag

Zeitwert der eingetauschten Maschine

15.000

Zuzahlung

4.000

Anschaffungskosten der neuen Maschine

19.000

Ermittlung Anschaffungskosten

Der Buchungssatz ist also

Maschinen19.000anKasse4.000
Maschinen10.000
Rücklagen5.000

Buchwertansatz

Die Anschaffungskosten der neuen Maschine bemessen sich hier als Buchwert des hingegebenen Gegenstandes zzgl. der Zuzahlung. Man erhält daher Anschaffungskosten = 10.000 € + 4.000 € = 14.000 €. Der Buchungssatz lautet:

Maschinen14.000anKasse4.000
Maschinen10.000

Der Buchwertansatz ist also insbes. erfolgsneutral, es werden lediglich Bestandskonten angesprochen, keine Erfolgskonten.

Methode

Hier klicken zum AusklappenWir fassen zusammen. Bei der Zeitwertmethode werden die Anschaffungskosten des neuen Gegenstandes nach Maßgabe des Zeitwerts des hingegebenen Gegenstandes zzgl. der Zuzahlung berechnet. Die erfolgswirksame Variante bucht die Differenz aus „Anschaffungskosten“ sowie „Summe aus Buchwert des hingegebenen Gegenstandes und Zuzahlung“ als sonstige betriebliche Erträge, die erfolgsneutrale bucht stattdessen Rücklagen. Bei der Buchwertmethode hingegen berechnen sich die Anschaffungskosten vielmehr als Buchwert des alten Gegenstandes zzgl. der Zuzahlung.  

Herstellungskosten

Im vorigen Abschnitt hatten wir über den Wert von Vermögensgegenständen gesprochen, die angeschafft wurden. Diese werden mit ihren Anschaffungskosten bewertet. Im jetzigen Abschnitt reden wir hingegen über Vermögensgegenstände, die selbst erstellt sind, dieser werden mit ihren Herstellungskosten bewertet.

Methode

Hier klicken zum AusklappenVerwechsle niemals die Begriffe Herstellungskosten und Herstellkosten. Der erste Begriff entstammt dem externen Rechnungswesen (= Jahresabschluss), letzterer, also der Begriff der Herstellkosten, ist vielmehr Teil des internen Rechnungswesens (= Kostenrechnung).

Herstellkosten

Zu den Herstellkosten (Kostenrechnung) gehören

  • Materialkosten, d.h. Materialeinzelkosten und -gemeinkosten

  • Fertigungskosten, d.h. Fertigungseinzelkosten und -gemeinkosten.

Verwaltungs- und Vertriebskosten zählen nicht zu den Herstellkosten. Allerdings bilden die Herstellkosten die Basis, auf die die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkostenzuschlagssätze aufgeschlagen werden, um die Selbstkosten zu ermitteln.

Diese werden im weiteren Verlauf nicht weiter erläutert, da die Herstellkosten Bestandteil der Kostenrechnung sind. 

Herstellungskosten

Zu den Herstellungskosten gehören nach § 255 II HGB bestimmte

  • Pflichtbestandteile (nämlich die Einzelkosten eines Vermögensgegenstandes) und

  • Wahlbestandteile.

Zu den Pflichtbestandteilen gehören die Materialeinzelkosten, die Fertigungseinzelkosten und die Sondereinzelkosten der Fertigung (§ 255 II, 2 HGB). Bei den Sondereinzelkosten der Fertigung handelt es sich um auftragsabhängige Größen, nicht stückabhängige Größen.

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenEin wichtiges Beispiel für Sondereinzelkosten der Fertigung sind Spezialwerkzeuge.

Weitere Pflichtbestandteile sind Materialgemeinkosten, Fertigungsgemeinkosten sowie der Werteverzehr des Anlagvermögens.

Weiterhin existieren Wahlbestandteile, die in die Herstellungskosten einbezogen werden dürfen, aber nicht müssen. Hierzu gehören (§ 255 II 3 HGB)

  • Kosten der allgemeinen Verwaltung

  • Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs

  • Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen

  • Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung

  • Zinsen für Fremdkapital, soweit auf den Zeitraum der Herstellung entfallend.

All jene Gegenstände dürfen einbezogen werden in die Herstellungskosten, müssen es aber nicht. Insofern handelt es sich hier um Bewertungswahlrechte (keine Ansatzwahlrechte!). Interessant ist die Formulierung in § 255 II 3 HGB. Hier spricht das Gesetz davon, dass Kosten der allgemeinen Verwaltung etc. einberechnet werden "dürfen", insofern besteht ein Bewertungswahlrecht auf jene Positionen. Insbesondere nicht unmittelbar verständlich ist die Formulierung über die Fremdkapitalzinsen in § 255 III HGB. So spricht Satz 1 davon, dass Zinsen für Fremdkapital nicht zu den Herstellungskosten gehören. Im nächstem Atemzug, nämlich in Satz 2, wird diese Aussage aber relativiert, wenn nicht sogar zurückgenommen, da Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstandes verwendet wird, angesetzt werden dürfen, wenn sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Ein explizites Verbot des Einbezugs in die Herstellungskosten enthält § 255 II 4 HGB, nach dem Forschungs- und Vertriebskosten nicht einbezogen werden dürfen.

Für die selbstgeschaffenenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens kommt es zu einer Trennung in die

  • Forschungsphase und die
  • Entwicklungsphase.

Die Kosten der Forschungsphase dürfen nicht aktiviert werden (§ 255 IIa S. 1 Umkehrschluss HGB), jene der Entwicklungsphase hingegen müssen aktiviert werden. Ist eine Trennung in die beiden Phasen nicht möglich, so ist eine Aktivierung komplett nicht möglich.

Übersicht zu den Bestandteilen der Herstellungskosten

Expertentipp

Hier klicken zum AusklappenHerstellungskosten:

Die einzelnen Bestandteile, sowohl Pflicht- als auch Wahlbestandteile, enthält nochmals folgende Übersicht:

Materialeinzelkosten

+ Fertigungseinzelkosten

+ Sondereinzelkosten der Fertigung

+ angemessene Teile der Materialgemeinkosten

+ angemessene Teile der Fertigungsgemeinkosten

+ Werteverzehr des Anlagevermögens, soweit er durch die Fertigung veranlasst ist

= handelsrechtliche Untergrenze der Herstellungskosten

+ Kosten der allgemeinen Verwaltung

+ Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs

+ Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen

+ Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung

+ Zinsen für Fremdkapital, soweit auf den Zeitraum der Herstellung entfallend und soweit das Fremdkapital zur Finanzierung der Herstellung des Vermögensgegenstandes verwendet wird

= handelsrechtliche Obergrenze der Herstellungskosten

Ein Ansatzverbot besteht für die Vertriebskosten.

Die Höhe der Herstellungskosten beträgt also mindestens die Untergrenze und höchstens die Obergrenze.