Kursangebot | Bilanz nach Handelsrecht | Maßgeblichkeit, Größenklassen & GOB im HGB

Bilanz nach Handelsrecht

Maßgeblichkeit, Größenklassen & GOB im HGB

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Grundlegendes

Merke

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LEHRZIELE:
Nach dem Durcharbeiten dieses Kapitels sollten Sie beherrschen:

  • den Aufbau der Rechnungslegungsvorschriften, insb. die allgemeinen und speziellen Vorschriften,
  • den Umfang des Jahresabschlusses, also dessen Komponenten und wer ihn aufstellt, feststellt und offenlegt.
  • das Prinzip der Maßgeblichkeit und seine Bedeutung. 

Aufbau der Rechnungslegungsvorschriften

Wichtig ist, dass die relevanten Paragraphen des HGB sich in drei Abschnitte aufteilen lassen:

  • allgemeiner Teil

    • §§ 238 – 263 HGB

    • gültig für alle Kaufleute

  • spezieller Teil

    • §§ 264 – 289 HGB

    • ergänzende Vorschriften für Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personengesellschaften

  • spezieller Teil

    • §§ 290 – 315a HGB

    • Vorschriften für Konzerne.

Die Vorschriften für Konzerne behandeln wir in der speziellen Kurseinheit Konzernrechnungslegung. Sie sind für den Einzelabschluss nicht weiter relevant. Der allgemeine Teil ist stets anzuwenden, der spezielle Teil hingegen gilt dann speziell für Unternehmen in der Rechtsform z.B. der GmbH und AG.  

Umfang des Jahresabschlusses

Der Jahresabschluss umfasst unterschiedliche Bereiche, je nachdem, um welche Rechtsform es sich handelt:

  • Jahresabschluss aller Kaufleute

    • Bilanz und

    • Gewinn- und Verlustrechnung

  • Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften

    • Bilanz,

    • Gewinn- und Verlustrechnung und

    • Anhang.

Wichtig ist die Entwicklung des Jahresabschlusses:

  • Aufstellung

    • durch den Vorstand (bei der AG)

  • Prüfung

    • durch den Abschlussprüfer bzw. den Aufsichtsrat

  • Feststellung

    • meist durch Vorstand und Aufsichtsrat und

  • Offenlegung

    • im elektronischen Bundesanzeiger.    

Maßgeblichkeit

Wichtig ist schließlich der Zusammenhang zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz. Einziger Zweck der Steuerbilanz ist es, die relevante Bemessungsgrundlage für die Steuerzahlung einer Unternehmung zu bemessen. Von daher ist oftmals die Intention eine andere als in der Handelsbilanz, wo es um andere Dinge geht, nämlich z.B. Information und Dokumentation. Der Zusammenhang zwischen den beiden ist durch die sog. Maßgeblichkeit geregelt nach § 5 I 1 EStG. Hiernach gilt, dass die handelsrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften zu übernehmen sind, soweit nicht (!) steuerliche Vorschriften dem entgegenstehen. Konkret:

  • handelsrechtliche Aktivierungswahlrechte führen zu steuerrechtlichen Aktivierungspflichten (Ausnahme z.B. das handelsrechtliche Aktivierungswahlrecht der immateriellen, selbsterstellten Vermögensgegenstände / Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, welche aber steuerrechtlich nicht aktiviert werden dürfen, § 248 II 1 HGB und § 5 II EStG),

  • handelsrechtliche Aktivierungspflichten führen zu steuerrechtlichen Aktivierungspflichten

  • handelsrechtliche Passivierungspflichten führen zu steuerrechtlichen Passivierungspflichten (Ausnahme z.B. § 249 I 1. 2. Alt. HGB und § 5 IVa 1 EStG, Drohverlustrückstellungen).

  • handelsrechtliche Passivierungsverbote führen zu steuerrechtlichen Passivierungsverboten.

Man beachte die o.e. Einschränkung „soweit nicht steuerliche Vorschriften dem entgegenstehen“. Hiervon gibt es einige, deshalb haben wir diese Vorschriften in der folgenden Übersicht (Maßgeblichkeit und ihre Durchbrechnung) dargestellt:

Handelsbilanz

Steuerbilanz

Geltung des Maßgeblichkeitsprinzips?

Aktivierungs- oder Passivierungspflicht

Aktivierungs- oder Passivierungspflicht

ja

Aktivierungs- oder Passivierungspflicht

Aktivierungs- oder Passivierungsverbot

nein, Durchbrechung

Aktivierungs- oder Passivierungsverbot

Aktivierungs- oder Passivierungsverbot

ja

Aktivierungswahlrecht

Aktivierungspflicht

ja, aber nur bei Ausübung des handelsrechtlichen Aktivierungswahlrechts

Größenklassen

Merke

Hier klicken zum AusklappenLEHRZIELE:

Sie sollen nach diesem Kapitel in der Lage sein, die unterschiedlichen Größen einer Kapitalgesellschaft und ihre Bedeutung für die Untergliederung der Bilanz nach § 266 HGB zu erkennen.

Weiterhin sollen Sie fähig sein, die Buchführungspflicht anhand von Größenmerkmalen zu erkennen.

Grenzwerte für Größe einer Kapitalgesellschaft

Für die Größe einer Kapitalgesellschaft (§ 267 HGB) sind unterschiedliche Dinge wichtig:

  • Größenmerkmal (zwei von drei Größenmerkmalen müssen erfüllt sein)

    • Höhe der Bilanzsumme

    • Höhe der Umsatzerlöse

    • Anzahl der Arbeitnehmer

  • zeitliche Aufeinanderfolge,

  • Listung an einer Wertpapierbörse.

Die Größenmerkmale

Die Größenmerkmale, anhand derer die Einteilung vorgenommen wird, listet die folgende Übersicht auf (§§ 267 I,II,III, 267a HGB) Zwei der drei Größenmerkmale müssen erfüllt sein.

Größe

Höhe der Bilanzsumme (#) (BS)

Höhe Umsatzerlöse (UE)

durchn. Anzahl Arbeitnehmer (AN)

klein

BS ≤ 350.000 €

UE ≤ 700.000 €

AN ≤ 10

mittelgroß

350.000 € < BS ≤ 20 Mill. €

700.000 € < UE ≤ 40 Mill. €

10 < AN ≤ 250

groß

BS > 20 Mill. €

 UE > 40 Mill. €

 AN > 250

(#) nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags.

Zeitliche Aufeinanderfolge

Es ist allerdings zusätzlich wichtig, dass die Merkmale an jeweils zwei aufeinander folgenden Bilanzstichtagen vorliegen müssen (zeitliche Aufeinanderfolge).

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDie Dietrich AG hat im Jahre 01 eine Bilanzsumme von 25.000.000 €, 45.000.000 € Umsatzerlöse und durchschnittlich 300 Mitarbeiter. Im Jahre 02 haben sich Bilanzsumme und Umsatzerlöse nicht verändert, wohl aber ist die Anzahl der Mitarbeiter auf im Jahresdurchschnitt 200 Arbeitnehmer gesunken.

Die Dietrich AG erfüllt die Anforderungen an große Kapitalgesellschaften im Jahre 01, denn alle drei Grenzwerte aus § 267 II HGB sind überschritten. Im Jahr darauf, also in 02, ist jedoch eines dieser Merkmale nicht mehr erfüllt, nämlich die Mitarbeiterzahl. Trotzdem ist die Dietrich AG in 02 eine große Kapitalgesellschaft, da sie zwei der drei bezeichneten Merkmale überschreitet, und damit insgesamt groß.

Zusätzlich geht es bei der Anzahl der Arbeitnehmer um die durchschnittliche Anzahl. Hierunter ist das arithmetische Mittel der vier Bestände der Arbeitnehmer am 31.3., 30.6., 30.9. und 31.12. eines jeden Jahres zu verstehen (§ 267 V HGB). Mitarbeiter, die im Ausland beschäftigt werden, zählen zur Anzahl der Arbeitnehmer hinzu. Schließlich werden Beschäftigte nicht mit gerechnet, die in ihrer Berufsausbildung stehen (§ 267 V, letzter HS HGB).

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDie Müller-AG hat im Jahre 2014 eine Bilanzsumme von 15.000.000 €, 45.000.000 € Umsatzerlöse und durchschnittlich 300 Mitarbeiter. Im Jahre 2015 haben sich Bilanzsumme und Umsatzerlöse nicht verändert, die Mitarbeiterzahlen der Müller-AG ließen sich allerdings folgendermaßen aufschlüsseln.
 

Daten

Mitarbeiter im Inland    

Mitarbeiter im Ausland         

Auszubildende

Gesamtzahl

31.03. (02)

110

120

30

260

30.06. (02)

120

130

40

290

30.09. (02)

130

140

50

320

31.12.(02)

140

150

60

350

Die Auszubildenden werden nicht mitgezählt, die Mitarbeiter im Ausland sehr wohl. Deswegen rechnet man als die durchschnittliche Anzahl der Mitarbeiter (230 + 250 + 270 + 290)/ 4 = 260 Mitarbeiter. Diese Zahl ist größer als 250. Zusätzlich überschreitet die Höhe der Umsatzerlöse den Grenzwert von 40.000.000 € in zwei aufeinander folgenden Jahren. Insgesamt ist die Müller AG also eine große Kapitalgesellschaft.

Listung an einer Wertpapierbörse

Bzgl. der Listung an einer Wertpapierbörse ist zu sagen, dass eine Kapitalgesellschaft stets dann als groß gilt (§ 267 III 2 HGB), wenn sie die Voraussetzungen des § 264d HGB erfüllt. Danach gilt eine Kapitalgesellschaft dann als kapitalmarktorientiert, wenn

  • sie einen organisierten Markt i.S.d. § 2 V WpHG durch von ihr ausgegebene Wertpapiere i.S.d. § 2 I 1 WpHG in Anspruch nimmt oder

  • die Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt beantragt worden ist.

Beispiele und Bedeutung der Einteilung

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDie Mayer AG hat im Jahre 01 eine Bilanzsumme von 12.000.000 €, 33.000.000 € Umsatzerlöse und durchschnittlich 300 Mitarbeiter. Im Jahre 02 hat sich aufgrund einer rückläufigen Geschäftsentwicklung die Bilanzsumme halbiert, die Umsatzerlöse sind auf 5.000.000 € gefallen, die Anzahl der Arbeitnehmer ist gleich geblieben. Am Ende des Jahres 02 wird die Mayer AG an der Frankfurter Wertpapierbörse gelistet.

Aufgrund der Zahlen wäre die Mayer AG nicht als groß zu beurteilen. Trotzdem ist die Mayer AG groß, weil sie an einem organisierten Markt im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes gelistet wird. Die Größe ist in diesem Falle unbedeutend (§ 267 III 2 HGB).

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDie Lars AG aus Wurzen hat folgende Bilanz:
 

Aktiva

Beträge (Mill. €)

Passiva

Beträge (Mill. €)

Fehlbetrag

2

Eigenkapital

4

Anlagevermögen

3

Fremdkapital

2

Umlaufvermögen

1

  

Bilanzsumme

6

Bilanzsumme

6

Was kann über die Größe der Lars AG gesagt werden?

Die zu berücksichtigende Bilanzsumme ist nur 6.000.000 – 2.000.000 = 4.000.000 €, denn der Fehlbetrag muss zunächst abgezogen werden. Ausgehend von der Bilanzsumme tendiert die Lars AG also dazu, eine kleine Kapitalgesellschaft zu sein.

Merke

Hier klicken zum AusklappenWofür ist die Größe einer Kapitalgesellschaft wichtig? Eine große Kapitalgesellschaft hat u.a. strengere Ausweisregeln. Sie muss die Bilanzgliederung des § 266 HGB bis auf die arabischen Zahlen übernehmen. Eine kleine hingegen darf auf diese verzichten (§ 266 I 3 HGB).

Die Bilanz „aller“ Kaufleute sieht daher folgendermaßen aus:

Aktiva

Passiva

A.

Anlagevermögen

A.

Eigenkapital

 

I.

Immaterielle Vermögens-gegenstände

B.

Rückstellungen

 

II.

Sachanlagen

C.

Verbindlichkeiten

 

III.

Finanzanlagen

D.

Rechnungsabgren-zungsposten

B.

Umlaufvermögen

  
 

I.

Vorräte

  
 

II.

Forderungen und sonstige Vermögensge-genstände

  
 

III.

Wertpapiere

  
 

IV.

Kasse, Bank

  

C.

Rechnungsabgrenzungsposten

  

Bilanzsumme

Bilanzsumme

Bilanzgliederung für alle Kaufleute

Große Kapitalgesellschaften müssen die einzelnen Punkte noch genauer spezifizieren, d.h. unterteilen. Dies führt dann zu deutlich mehr Unterpunkten, siehe § 266 II, III HGB.  

Unter den sog. Kleinstkapitalgesellschaften verstehen wir kleine Kapitalgesellschaften, welche mindestens zwei der folgenden drei nachstehenden Grenzwerte nicht überschreiten:

  • eine Bilanzsumme von höchstens 350.000 €
  • Umsatzerlöse von höchstens 700.000 € in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag und
  • höchstens zehn Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt.

Wichtig ist also, dass wir eine Unterteilung von Kapitalgesellschaften in folgende Größen haben:

  • kleine Kapitalgesellschaften

    • klein, aber nicht Kleinstkapitalgesellschaft

    • klein und Kleinstkapitalgesellschaft

  • mittelgroße Kapitalgesellschaften

  • große Kapitalgesellschaften

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDie S-GmbH aus Frankfurt liefere folgende Informationen.
JahrBilanzsumme (Mio. €)Umsatzerlöse (Mio. €)Anzahl Arbeitnehmer
0141140
0221330
0331460
0440,58
0550,67

Fraglich ist nun, ob die betrachtete Kapitalgesellschaft klein (vielleicht sogar Kleinstkapitalgesellschaft), mittelgroß oder sogar groß ist. Im Jahr 02 ist die beschriebene Kapitalgesellschaft klein, denn die beiden Grenzwerte für die Bilanzsumme und die Mitarbeiteranzahl wird im zweiten Jahr zum zweitenmal (hintereinander) unterschritten. Sie ist allerdings keine Kleinstkapitalgesellschaft, denn die Grenzwerte aus § 267a I HGB sind überschritten.

Im Jahr 03 könnte man annehmen, dass die Kapitalgesellschaft nicht mehr eine kleine Kapitalgesellschaft ist, denn sowohl die Umsatzerlöse als auch die Mitarbeiteranzahl übersteigt die Grenzwerte aus § 267 I HGB. Rechtsfolgentechnisch ist dies aber unbeachtlich, da diese Merkmale nicht auf zwei aufeinanderfolgende Jahre zutreffen. Demnach liegt auch im Jahr 03 rechtsfolgentechnisch eine kleine Kapitalgesellschaft vor.

Im Jahr 04 liegt keine Kleinstkapitalgesellschaft vor, denn die Grenzwerte sind zwar unterschritten, allerdings noch nicht im zweiten Jahr hintereinander. 

Im Jahr 05 wiederum ist die Kapitalgesellschaft klein, denn alle relevanten Grenzwerte des § 267 I HGB werden zum zweitenmal hintereinander unterschritten. Darüber hinaus ist die kleine Kapitalgesellschaft sogar eine Kleinstkapitalgesellschaft, denn die Grenzwerte für die Umsatzerlöse und die Anzahl der Mitarbeiter werden zum zweitenmal hintereinander im Jahre 05 unterschritten.

Video zur Größe einer Kapitalgesellschaft

In dem folgendem Video schauen wir uns die gelernten Grundsätze erneut an:

Hinweis

Hier klicken zum Ausklappen

Hinweis: Die Beträge sind nicht aktuell. Bitte entnehmen Sie die aktuellen Beträge der Tabelle zu den Größenmerkmalen. 

Grenzwerte für die Buchführungspflicht

Nach § 241a HGB ist es für Einzelkaufleute möglich, welche an zwei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen

• 600.000 € Umsatzerlöse und (!)

• 60.000 € Jahresüberschuss

aufweisen, auf die handelsrechtliche Buchführung zu verzichten (§ 241a S. 1 HGB).

Wenn es sich um eine Neugründung handelt, so tritt die Befreiung von der Buchführungspflicht bereits dann ein, wenn am ersten Abschlussstichtag nach der Neugründung die Grenzwerte nicht überschritten werden (§ 241a S. 2 HGB).

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDer Kaufmann Johannes Wurzel, Kaufmann seit dem Jahre 2010 und bisher buchführungspflichtig, hat an den folgenden Bilanzstichtagen die genannten Umsatzerlöse und Jahresüberschüsse erzielt:
 

Jahr

Umsatzerlöse

Jahresüberschuss

01

580.000,00 €

52.000,00 €

02

610.000,00 €

58.000,00 €

03

520.000,00 €

55.000,00 €

04

480.000,00 €

48.000,00 €

In welchem Jahr ist Herr Wurzel zur Buchführung verpflichtet, in welchem möglicherweise nicht?

Herr Wurzel unterschreitet im Jahre 01 zwar beide Grenzwerte, aber er tut dies zum erstenmal und ist somit in 01 noch nicht von der Pflicht zur Buchführung befreit.

In 02 überschreitet er den Grenzwert der Umsatzerlöse, daher muss er auch in 02 noch Bücher führen.

In 03 ist es wiederum so, dass die Grenzwerte unterschritten werden, allerdings erneut nicht zum zweitenmal hintereinander.

Erst in 04 werden die Grenzwerte an zwei aufeinanderfolgenden (!) Bilanzstichtagen unterschritten, deshalb entfällt ausschließlich in 2016 die Buchführungspflicht, wie die untenstehende Tabelle (Verpflichtung zur Buchführung) nochmals zusammenfasst.

Jahr

Umsatzerlöse

Jahresüberschuss

Buchführungspflicht?

01

580.000,00 €

52.000,00 €

ja, da erst zum erstenmal die Grenzwerte unterschritten sind, nicht zum zweitenmal

02

610.000,00 €

58.000,00 €

ja, da Grenzwerte nicht beide unterschritten

03

520.000,00 €

55.000,00 €

ja, da Grenzwerte nicht zum zweitenmal hintereinander (!) unterschritten

04

480.000,00 €

48.000,00 €

nein, da beide Grenzwerte (nun erst) zum zweitenmal hintereinander unterschritten

 

Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung

Merke

Hier klicken zum Ausklappen

LEHRZIELE:

Sie sollen nach Durchsicht dieses Kapitels die einzelnen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und ihre Bedeutung für den Jahresabschluss erkennen. Speziell sollen Sie die Interaktion von Vorsichts-, Realisations- und Imparitätsprinzip erkennen und das Prinzip der Wertaufhellung anwenden können.

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung lassen sich wie folgt systematisieren:

  • Grundsätze der Dokumentation

  • Grundsätze der Rechenschaft

    • Rahmengrundsätze

      • Wahrheit

      • Klarheit,

      • Vollständigkeit,
         

    • Abrechnungsgrundsätze

      • Abgrenzung der Sache nach

      • Abgrenzung der Zeit nach

      • Realisationsprinzip

      • Imparitätsprinzip
         

    • Stetigkeit und Vorsicht

Bei den Grundsätzen der Dokumentation geht es z.B. darum, dass Geschäftsvorfälle einzeln und lückenlos zu erfassen sind, es sind alle Aufzeichnungen zu belegen und gegen nachträgliche Änderungen zu sichern, schließlich sind alle Posten des Jahresabschlusses durch die Inventur nachzuweisen. Die Grundsätze der Dokumentation beziehen sich insbesondere auf die Buchführung.

Bei den Grundsätzen der Rechenschaft existieren zunächst die Rahmengrundsätze. Hierzu besagt Wahrheit lediglich Richtigkeit und Willkürfreiheit. Absolute Wahrheit kann es in einer Bilanz nicht geben, da Ansatzwahlrechte und Bewertungswahlrechte alleine schon einer absoluten Wahrheit immer entgegenstehen. Die geforderte Richtigkeit besagt hingegen, dass die Bilanz aus dem richtigen Zahlenmaterial abzuleiten ist und von sachverständigen Dritten nachprüfbar sein muss. Willkürfreiheit hingegen besagt lediglich die Abwesenheit von Manipulationen. Der nächste Punkt, nämlich jener der Klarheit, besagt insbesondere, dass Positionen grundsätzlich nicht saldiert werden sollen. Die einzelnen Posten sollen so gegliedert sein, dass sie eindeutig und sachlich zutreffend sind und darüber hinaus übersichtlich. Vollständigkeit gibt an, dass alle buchführungspflichtigen Vorgänge erfasst sind, sowie darüber hinaus die bestehenden Risiken, außerdem fordert die so genannte Bilanzidentität die Gleichheit zwischen Schlussbilanz des Vorjahres und Anfangsbilanz des laufenden Jahres. Vollständigkeit bedeutet aber auch, dass Dinge, die erst nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Bilanzerstellungstag bekannt werden und sich aber auf das alte Jahr beziehen, d.h. vor dem Bilanzstichtag passiert sind, in der alten Bilanz zu berücksichtigen sind.  

Abgrenzung der Sache nach

Der Grundsatz der Abgrenzung der Sache meint, dass den Erträgen der Zukunft Aufwendungen zuzuordnen sind, um Periodengerechtigkeit zu erzielen.

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDie X-AG kauft einen Overheadprojektor mit Anschaffungskosten von 1.000 €, die Nutzungsdauer des OHP beträgt vier Jahre. In den folgenden Geschäftsjahren lassen sich mit Hilfe des Overheadprojektors Erträge erzielen von 300 € im ersten, 500 € im zweiten, 600 € im dritten und 700 € im vierten Jahr. Wie werden nach der Abgrenzung der Sache nach die Anschaffungskosten periodengerecht verteilt?

Es gibt die folgenden beiden Sichtweisen:

  • Zuordnung sofort

  • Verteilung über die Laufzeit

Wenn man die 1.000 € komplett dem nullten Jahr zuordnet und die Erträge lediglich den folgenden Geschäftsjahren, so erhält man

Jahr

0

1

2

3

4

Einzah-
lungen

-

300

500

600

700

Auszah-
lungen

-1000

Zuordnung der Anschaffungsauszahlung im 0. Jahr

Die nullte Periode trägt also die Verluste komplett alleine. Es wird so getan, als hätten die Verluste der Gegenwart nichts mit den Gewinnen der Zukunft zu tun, dies ist ökonomisch gesehen ungerecht im Rahmen einer periodengerechten Erfolgsermittlung, denn die nullte Periode wird zu stark belastet und alle anderen Perioden zu stark entlastet. Richtig ist vielmehr folgende Sichtweise:

Jahr

0

1

2

3

4

Ertrag

-

300

500

600

700

Abschrei-
bung

250

250

250

250

Gewinn

50

250

350

450

Verteilung Anschaffungskosten auf Laufzeit

Man sieht, dass in dieser Tabelle eine „gerechtere“ Belastung der Perioden erfolgt. Die Erträge der Zukunft, welche durch die Auszahlung der nullten Periode mit verursacht waren, werden zwecks Gewinnberechnung um die periodisierten Auszahlungen (= Abschreibungen) vermindert. Insofern wird die nullte Periode nicht ganz so stark belastet wie ohne Verrechnung von Abschreibungen, die zukünftigen Perioden werden stärker belastet, weil die Anzahlung der 1.000 € ihnen als Aufwendungen von 4 * 250 € zuzurechnen sind.

Bewertungsgrundsätze

Weitere allgemeine Regeln für die Bewertung finden sich in § 252 I HGB, den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen:

  • Übereinstimmung der Wertansätze der Eröffnungsbilanz mit jenen der Schlussbilanz des Vorjahres (§ 252 I Nr. 1 HGB)

  • Annahmen der Fortführung der Unternehmenstätigkeit (Going-Concern-Prinzip, § 252 I Nr. 2 HGB)

  • Einzelbewertung der Vermögensgegenstände und Schulden (§ 252 I Nr. 3 HGB)

  • Vorsichtsprinzip, d.h. alle bis zum Abschlussstichtag vorhersehbaren Risiken und Verluste müssen berücksichtigt werden, sofern sie bis zum Abschlussstichtag entstanden sind (§ 252 I Nr. 4, 1. Halbsatz HGB). Hierbei ist wichtig zu erwähnen, dass ein Sachverhalt selbst dann zu berücksichtigen ist, wenn er erst nach dem Abschlussstichtag aber vor dem Tag der Bilanzerstellung bekannt wurde, sich aber auf das alte Geschäftsjahr bezieht (Bilanzerhellung).

  • Realisationsprinzip: Gewinne sind erst dann zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind (§ 252 I Nr. 4, 2. Halbsatz HGB).

  • Auseinanderfallen von Aufwendungen und Erträgen auf der einen Seite und Ein- und Auszahlungen auf der anderen Seite ist möglich (§ 252 I Nr. 5 HGB). So müssen Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres unabhängig davon, wann die Zeitpunkte der entsprechenden Zahlungen sind, berücksichtigt werden.

  • Beibehaltung der Bewertungsmethoden des vorhergehenden Geschäftsjahres und Abweichung nur in begründeten Ausnahmefällen (§ 252 I Nr. 6 HGB).

Merke

Hier klicken zum AusklappenVon all den genannten Punkten darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden (§ 252 II HGB).  

Realisationsprinzip

Video zum Vorsichtsprinzip

Im folgenden Video wird das Vorsichtsprinzip zusammenfassend erklärt, welches das Realisationsprinzip und das Imparitätsprinzip unterscheidet:

Das Realisationsprinzip

Das Realisationsprinzip besagt, wie oben bereits erwähnt, dass Gewinne erst dann angesetzt werden dürfen, wenn sie realisiert sind. Sie gelten als realisiert bei Gefahrenübergang.

Expertentipp

Hier klicken zum AusklappenSehr wichtige Prinzipien für die Bewertung sind das Realisationsprinzip und das Imparitätsprinzip, die sich gewissermaßen widersprechen. Das Realisationsprinzip besagt, dass Gewinne erst dann angesetzt werden dürfen, wenn sie realisiert sind (d.h. bei Gefahrenübergang). Das Imparitätsprinzip (es bedeutet Imparität = Ungleichbehandlung) besagt hingegen, dass Gewinne und Verluste ungleich behandelt werden müssen. Gewinne dürfen nicht antizipiert (vorweggenommen) werden, Verluste müssen antizipiert werden. Das Imparitätsprinzip findet seinen Ausfluss insbesondere im strengen und gemilderten Niederstwertprinzip und im Ansatz von Rückstellungen.

 

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDie X-GmbH produziert Tennisbälle. Ein Kaufvertrag zwischen der X-GmbH und der Boris-AG aus Leimen vereinbart die Abholung der produzierten Tennisbälle durch die Boris-AG mit einem firmeneigenen LKW, der extra aus Leimen anreist. Wann darf die X-GmbH den Gewinn aus dem Verkauf der Tennisbälle ansetzen?

Frage: Darf die X-GmbH bereits bei Vertragsabschluss den Ertrag ansetzen?

Antwort: Nein, sofern noch eine Möglichkeit der Stornierung existiert. Es könnte nämlich sein, dass nach abgeschlossenem Kaufvertrag die Bestellung noch rückgängig gemacht wird. Insofern wäre es verfrüht, den Erfolg als Ertrag bereits nach Vertragsunterzeichnung anzusetzen. Vielmehr darf, wenn im Vertrag davon die Rede ist, dass die Boris-AG die Tennisbälle abholen muss, erst dann der Erfolg angesetzt werden, wenn der Gefahrenübergang stattgefunden hat. Dies verdeutlicht die Fortsetzung des vorherigen Beispiels.

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDie produzierten Tennisbälle werden durch einen Blitzeinschlag in die Produktionshalle der X-GmbH am Abend vor der Abholung durch die Boris-AG vollständig zerstört.

Die X-GmbH muss weiterhin die Tennisbälle liefern und hat diese also neu zu produzieren, darf diese aber selbstverständlich nur einmal der Boris-AG in Rechnung stellen, hat also den Verlust der alten Tennisbälle zu verkraften. Der Gefahrenübergang hat damit noch nicht stattgefunden, da die Gefahr vielmehr noch bei der X-GmbH lag. Als Konsequenz aus dem Realisationsprinzip darf der Ertrag also noch nicht angesetzt werden.

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenDie Boris-AG aus dem oberen Beispiel  holt vereinbarungsgemäß die Tennisbälle bei der X-GmbH ab und verlässt das Firmengelände der X-GmbH. Auf dem Weg nach Leimen kommt der LKW in ein schweres Gewitter, bei dem ein herab fallender Baum den hinteren Teil des LKWs und leider auch die Tennisbälle vollständig zerstört. Der Fahrer kann sich glücklicherweise unverletzt retten.

In diesem Fall ist der Gefahrenübergang vollzogen worden, denn die Gefahr des zufälligen Untergangs liegt bei der Boris-AG. Diese muss die gelieferten und empfangenen Tennisbälle bezahlen und hat aber keine Bälle. Das Realisationsprinzip besagt hier also, dass die X-GmbH den Erfolg realisieren muss, weil der Gefahrenübergang stattgefunden hat.

Merke

Hier klicken zum AusklappenWann genau (zeitlich gesehen) der Gefahrenübergang stattfindet, ist von Vertrag zu Vertrag unterschiedlich. In den vorliegenden drei Beispielen der X-GmbH und der Boris-AG lag der Gefahrenübergang im Zeitpunkt der Abholung durch den Empfänger. Bei anderen Verträgen kann sehr wohl ein früherer Zeitpunkt vereinbart werden.

Prinzip der Wertaufhellung und Wertbegründung

Teil des Vorsichtsprinzips ist auch das Prinzip der Wertaufhellung. Dies besagt, dass alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, auch berücksichtigt werden, selbst dann, wenn sie erst nach dem Bilanzstichtag, aber vor der Bilanzerstellung bekannt werden. Hierbei sind allerdings

  • werterhellende Tatsachen von

  • wertbegründenden Tatsachen

zu unterscheiden. Eine Sache ist werterhellend (= wertaufhellend), wenn sie vor dem Bilanzstichtag geschah, erst nach dem Bilanzstichtag und aber vor der Bilanzerstellung bekannt wird. Sie muss in der Bilanz des alten Jahres berücksichtigt werden.

Hingegen ist sie wertbegründend, wenn sie erst nach dem Bilanzstichtag geschah und folglich erst nach dem Bilanzstichtag bekannt wird. Sie darf in der Bilanz des alten Jahres nicht berücksichtigt werden.  

Beispiel

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Beispiel:

Die X-AG hat eine Forderung in Höhe von 1.000 € gegen die Y-AG, welche am 15.12. (01) Insolvenz anmeldet. Am 3.1. (02) erfährt die X-AG hiervon. Wie muss die X-AG bilanziell verfahren?

Es liegt eine werterhellende Information vor. Diese muss für den alten Jahresabschluss berücksichtigt werden. Die X-AG muss also die Forderung für das alte Jahr 01 in ihrem Wert nach unten berichtigen.

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Beispiel:

Die X-AG hat eine Forderung in Höhe von 1.000 € gegen die Y-AG, welche am 15.12. (01) Insolvenz anmeldet. Am 31.12. (01) erfährt die X-AG hiervon. Wie muss die X-AG bilanziell verfahren?

Es liegt weder eine werterhellende noch eine wertbegründende Information vor. Die Information muss für den alten Jahresabschluss berücksichtigt werden. Die X-AG muss also die Forderung für das alte Jahr 01 in ihrem Wert nach unten berichtigen.

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Beispiel:

Die X-AG hat eine Forderung in Höhe von 1.000 € gegen die Y-AG, welche am 5.1. (02) Insolvenz anmeldet. Am 8.1. (02) erfährt die X-AG hiervon. Wie muss die X-AG bilanziell verfahren?

Es liegt eine wertbegründende Information vor. Diese darf nicht im alten Jahresabschluss berücksichtigt werden, sondern vielmehr erst im neuen Jahr 02. Die X-AG muss also die Forderung für das alte Jahr 01 in ihrem Wert gleichlassen, denn am 31.12. (01) war diese noch voll werthaltig.

Beispiel

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Ein Unternehmer kauft am 01.07. (01) ein Grundstück für AHK in Höhe von 250.000 €. Am 01.10. (01) wird bekannt, dass in der Nähe des Grundstücks eine Müllverbrennungsanlage gebaut wird. Der Wert des Grundstücks sinkt auf 150.000 € (außerplanmäßige Abschreibung um 100.000 € nach § 253 (3) S. 5 HGB). Am 27.12. (01) wird der Bau der Müllverbrennungsanlage wieder verworfen. Aufgrund der Weihnachtsferien wird dies erst am 07.01. (02) bekannt. (Stichtag: 31.12. (01))


Würde es im Umkehrschluss des § § 252 (1) Nr. 4 HGB bedeuten, dass man auch alle Erträge (bspw.
Zuschreibungen) zu berücksichtigen hat, die vor dem Abschlussstichtag eintreten, die aber erst nach diesem bekannt werden?

Vertiefung

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Lösung
Imparitätsprinzip: Schulden werden immer so hoch wie möglich bewertet, Vermögen hingegen so gering wie möglich. § 252 HGB schreibt vor, dass mögliche zukünftige Gewinne beim Jahresabschluss anders dargestellt werden müssen als eventuell anfallende Verluste. Das Imparitätsprinzip ist Bestandteil des Vorsichtsprinzips und dient vor allem dem Gläubigerschutz. Durch die frühzeitige Vorwegnahme von Verlusten wird der Abfluss von Kapital durch Gewinnausschüttungen reduziert - so wird Engpässen beim tatsächlichen Eintritt des Verlustes vorgebeugt und das Unternehmen kann Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern weiterhin nachkommen.

Das Realisationsprinzip ist neben dem Imparitätsprinzip das zweite Kernstück des allgemeinen buchhalterischen Prinzips der Vorsicht. Das Realisationsprinzip bestimmt den Zeitpunkt, wann und mit welchem Wert Gewinne und Verluste als realisiert zu betrachten sind und in die Bilanz einfließen. Zentrale Aussage des Realisationsprinzips ist: Gewinne und Verluste dürfen erst dann ausgewiesen werden, wenn sie auch durch entsprechende Umsätze tatsächlich realisiert worden sind. In der deutschen Rechtsprechung wird der Begriff Realisationsprinzip meist gleichbedeutend mit dem "Strengen Realisationsprinzip" verwendet und ist nicht mit dem amerikanischen "realisation principle" identisch.

Das Imparitätsprinzip begrenzt die Anwendung des Realisationsprinzips - es besagt, dass Verluste auch dann bereits realisiert werden müssen, wenn sie absehbar sind - unabhängig vom Zeitpunkt der Realisierung. Auch bei langfristigen Vorhaben darf nach dem Vorsichtsprinzip der Ausweis nur in Teilabschnitten erfolgen.

Hier wird aber auf das gemilderte Niederstwertprinzip abgestellt. Das Niederstwertprinzip (engl. principle of the lower of cost or market) ist eine Bewertungsvorschrift für Vermögensgegenstände und wird im Handelsgesetzbuch (HGB) unter dem Abschnitt Bewertungsvorschriften in § 253 geregelt. Aus diesem Bewertungsgrundsatz lassen sich die anzusetzenden Werte von Vermögensgegenständen für die Buchführung und Bilanzierung ableiten. Das Niederstwertprinzip findet Anwendung auf der Aktivseite der Bilanz und ist dementsprechend hauptsächlich auf Anschaffung- oder Herstellungskosten anzuwenden.

Das HGB unterscheidet Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens und des Anlagevermögens. Dabei kommen unterschiedliche Ansätze des Niederstwertprinzips zur Anwendung. Ziel beider Ansätze ist es jedoch, den jeweils niedrigeren Wert für die Bewertung heranzuziehen. Dadurch sollen Unternehmen davor geschützt werden, durch zu hohe Wertansätze in Liquiditätsengpässe (ab) zu rutschen.

Hintergrund für diese Vorgehensweise ist das Imparitätsprinzip, bei dem Verluste nicht erst mit der Realisation geltend gemacht werden, sondern bereits dann, wenn ein Hinweis auf ihr Eintreten besteht. So mindert die Antizipation der Verluste den Jahresgewinn, wodurch folglich geringere Gewinnausschüttungen zum Tragen kommen. Das Unternehmen behält höhere Liquiditätsreserven und kann somit gegebenenfalls besser auf die tatsächlich eintretenden Verluste einwirken. Dieses Vorgehen stellt auch zusätzlich den Gläubigerschutz dar, der im HGB mit dem derzeitigen Bilanzierungsprinzip vorgesehen ist.

Wie bereits erwähnt, ist auf Grundlage von § 253 HGB für die Bewertung der Vermögensgegenstände der niedrigere Wert heranzuziehen. Als Entscheidungswerte werden zum Bilanzstichtag der Anschaffungswert und der aktuelle Markt- bzw. Börsenwert miteinander verglichen. Für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gilt das gemilderte Niederstwertprinzip, der Anschaffungspreis ist hier „um planmäßige Abschreibung zu vermindern". Es besteht ein Wahlrecht, ob der bisherige Buchwert oder der aktuelle niedrigere Wert angesetzt wird, sofern die Wertminderung als nur vorübergehend eingestuft werden kann. Entgegengesetzt dazu wird der entstandene verminderte Wert zwingend angesetzt, wenn die Wertminderung voraussichtlich dauerhaft ist. Zusätzlich zu den planmäßigen Abschreibungen über die übliche Nutzungsdauer können beim gemilderten Niederstwertprinzip außerplanmäßige Abschreibungen vorgenommen werden, um den Wert zu vermindern. Darum ist die außerplanmäßige Abschreibung wegen des geplanten Baus der Müllverbrennungsanlage wieder zu relativieren über eine Zuschreibung bis zu den Anschaffungskosten von 250.000,00 Euro.