Die Durchfallquote bei der Bilanzbuchhalter-Prüfung sorgt immer wieder für Verwirrung und Gerüchte. Oft hört man Aussagen wie „bei uns hat niemand bestanden“, doch dabei wird häufig übersehen, dass solche Behauptungen, insbesondere bei kleinen Prüfgruppen von beispielsweise fünf Personen (wie sie bei kleineren Industrie- und Handelskammern vorkommen können), nicht repräsentativ sind.
Die IHK veröffentlicht keine detaillierten Statistiken speziell zur schriftlichen Prüfung. Stattdessen werden nur Zahlen zu den gesamten Prüfungsverfahren veröffentlicht, die sowohl die schriftliche als auch die mündliche Prüfung umfassen und lediglich die endgültigen Ergebnisse (bestanden oder nicht bestanden) berücksichtigen.
Um mehr Transparenz zu schaffen, haben wir in Zusammenarbeit mit Natalia Menzel eine Umfrage ins Leben gerufen, um eine aussagekräftige Statistik speziell zur schriftlichen Bilanzbuchhalter-Prüfung zu erheben.
Statistische Grundlage:
Insgesamt haben 456 Personen den Fragebogen ausgefüllt. Davon konnten jedoch nur 412 als qualifizierte Stimmen gewertet werden. Die Auswertung basiert ausschließlich auf diesen 412 gültigen Antworten.
HINWEIS: Die Ergebnisse dieser Umfrage beruhen auf anonymen Rückmeldungen, und es kann nicht gewährleistet werden, dass alle Teilnehmer tatsächlich an den schriftlichen Prüfungen teilgenommen haben oder selbst Prüflinge waren. Daher sollten die Resultate mit Vorsicht interpretiert werden. Jegliche Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Verwendbarkeit der Umfrageergebnisse wird ausgeschlossen. Die Nutzung erfolgt auf eigenes Risiko.
Umfrage
1. Wartezeiten
Wichtige Erkenntnisse
Die meisten Teilnehmenden (160 Personen, was 39 % entspricht) warteten zwischen 8 und 10 Wochen auf ihre Prüfungsergebnisse. Dicht dahinter liegen 34 % (141 Personen), die ihre Ergebnisse in weniger als 8 Wochen erhielten.
Ausreißer:
Eine kleine Gruppe von 7 % der Teilnehmenden musste jedoch länger als 12 Wochen auf ihre Ergebnisse warten.
Zusammenfassung
Die Wartezeiten auf die Prüfungsergebnisse sind überwiegend moderat. Insgesamt erhielten 73 % der Befragten ihre Ergebnisse innerhalb von 10 Wochen nach der Prüfung.
2. Bestehensquote:
Gesamtergebnisse der Versuche
Gesamtanzahl der Teilnehmenden: 412
Gesamtanzahl der bestandenen Prüfungen: 225 (54,6 % der Teilnehmenden)
Gesamtanzahl der nicht bestandenen Prüfungen: 187 (45,4 % der Teilnehmenden)
1. Versuch
- Anzahl der Teilnehmenden: 257
- Bestanden: 141 (54,9 %)
- Nicht bestanden: 116 (45,1 %)
2. Versuch
- Anzahl der Teilnehmenden: 103
- Bestanden: 55 (53,4 %)
- Nicht bestanden: 48 (46,6 %)
3., 4. und weitere Versuche
- Anzahl der Teilnehmenden: 52
- Bestanden: 29 (55,8 %)
- Nicht bestanden: 23 (44,2 %)
Erfolgsquote:
Die Erfolgsquote blieb über alle Versuche hinweg relativ stabil, unabhängig davon, ob es sich um den ersten, zweiten oder einen späteren Versuch handelte.
81 % der Teilnehmenden, die die Prüfung nicht bestanden haben, planen einen weiteren Versuch. Nach dem ersten Fehlversuch wollen 90 % erneut antreten, nach dem zweiten Fehlversuch sinkt die Zahl auf 75 %. Nach dem dritten Versuch zeigt noch fast die Hälfte (48 %) die Bereitschaft, weiterzumachen.
Teilnehmende, die sich bereits für einen vierten oder weiteren Versuch angemeldet haben, sind besonders entschlossen – 100 % von ihnen wollen alle Chancen nutzen und machen direkt weiter.
3. Erzielte Punkte in den Aufgabenstellungen
In der folgenden Grafik sind die Durchschnitts- (Mittelwert) und Medianwerte der Teilnehmenden dargestellt, die die Prüfung bestanden oder nicht bestanden haben:
- Mittelwert: Zeigt den allgemeinen Durchschnitt der erzielten Punktzahlen und hilft, die Gesamttendenz zu verstehen. Er kann jedoch durch extreme Werte (Ausreißer) verzerrt werden.
- Median: Gibt die mittlere Punktzahl an und teilt die Punktzahlen in zwei gleich große Hälften. Da er weniger anfällig für Ausreißer ist, vermittelt er oft ein realistischeres Bild der „typischen“ Punktzahl.
Insgesamt zeigt der Mittelwert, wie die Teilnehmenden im Durchschnitt abgeschnitten haben, während der Median ein Bild davon vermittelt, welche Punktzahl in den jeweiligen Situationsaufgaben als „typisch“ angesehen werden kann.
Wichtige Erkenntnisse
In allen drei Situationsaufgaben gibt es signifikante Unterschiede in den durchschnittlichen Punktzahlen zwischen den Teilnehmenden, die bestanden haben, und jenen, die nicht bestanden haben. Der größte Unterschied zeigt sich bei der Situationsaufgabe 3.
- Situationsaufgabe 1:
- Die durchschnittlichen Punkte der bestandenen Prüfungen lagen bei 63 Punkten, nur 1 Punkt höher als im Herbst (62 Punkte).
- Bei den nicht bestandenen Prüfungen lag der Durchschnitt bei 48 Punkten, knapp unter der Bestehensgrenze (Herbst 2023: 39 Punkte).
- Der Median stieg von 54 Punkten im Herbst auf 56 Punkte.
- Die höchste Punktzahl von 96 wurde im Erstversuch im Fernstudium erreicht.
- Situationsaufgabe 2:
- Bei bestandenen Prüfungen lag der Durchschnitt bei 67 Punkten (Herbst 2023: 80 Punkte).
- Bei den nicht bestandenen Prüfungen betrug der Durchschnitt 51 Punkte (Herbst 2023: 58 Punkte).
- Der Median sank von 77 auf 61 Punkte.
- Die höchste Punktzahl von 95,5 wurde im Erstversuch im Vollzeit-Online-Studium erreicht.
- Situationsaufgabe 3:
- Der Durchschnitt bei bestandenen Prüfungen lag bei 63 Punkten, ebenfalls 1 Punkt über dem Herbstwert (62 Punkte).
- Bei nicht bestandenen Prüfungen blieb der Durchschnitt konstant bei 39 Punkten.
- Der Median sank von 54 Punkten im Herbst um 3 Punkte auf 51 Punkte.
- Die höchste Punktzahl von 93 wurde im Erstversuch im Vollzeit-Online-Studium erreicht.
Fazit
Die Tendenz, dass die Situationsaufgabe 3 nicht mehr die größte Herausforderung darstellt, setzt sich fort. Eine gründliche Vorbereitung in allen Handlungsbereichen ist jedoch weiterhin entscheidend.
4. Mögliche Erfolgsfaktoren
Art der Weiterbildung
Auch in diesem Durchlauf erzielten Teilnehmende, die ihre Weiterbildung in Teilzeit absolvierten, die höchsten Bestehensquoten. Dies deutet darauf hin, dass diese Form der Weiterbildung besonders effektiv sein könnte. Ein möglicher Grund dafür sind Synergieeffekte aus der Kombination von Theorie und Praxis im Berufsalltag, wodurch das Gelernte direkt angewendet und gefestigt werden kann.
Interessanterweise erreichten auch die Teilnehmenden im Fernstudium eine ebenso hohe Erfolgsquote. Dies zeigt, dass das Fernstudium eine starke Alternative darstellt. Erfolgsfaktoren könnten hier die Flexibilität und die Eigenverantwortung der Lernenden sein, die diese Form des Lernens erfordert.
Die Erfolgsquote im Selbststudium lag mit 53 % diesmal relativ nah an den Quoten des Teilzeit- und Fernstudiums. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass viele der Teilnehmenden bereits über umfangreiche Berufserfahrung und Fachwissen verfügten und die Prüfung nur noch formell ablegen mussten, um den Titel des Bilanzbuchhalters zu erlangen. Zudem könnte die Einführung der Aufstiegsprämie den Anreiz erhöht haben, da erfahrene Fachkräfte die Prämie relativ einfach erhalten konnten.
Wichtig:
Man sollte jedoch nicht den falschen Schluss ziehen, dass die Weiterbildung zum Bilanzbuchhalter im Selbststudium leicht zu bewältigen ist, wenn man nicht über die erforderliche mehrjährige Berufserfahrung und das notwendige Fachwissen verfügt.
Die Erfolgsquote der Teilnehmenden in Vollzeit war diesmal mit nur 44 % deutlich niedriger als bei den anderen Weiterbildungsformen. Teilzeit bleibt damit die erfolgreichste Variante.
Fazit:
Die Art der Weiterbildung scheint einen erheblichen Einfluss auf den Prüfungserfolg zu haben. Teilzeitmodelle schnitten erneut am besten ab, während Vollzeit-Teilnehmende schlechter abschnitten. Diese Erkenntnisse können zukünftigen Teilnehmenden helfen, die für sie optimale Weiterbildungsform zu wählen.
Online oder Präsenz - was ist besser?
In dieser Befragung zeigte sich eine größere Vielfalt bei den Unterrichtsformen. Der Präsenzunterricht blieb mit 62 % Erfolgsquote die erfolgreichste Option, auch wenn diese etwas niedriger ausfiel als im Herbst 2023 (67 %).
Teilnehmende ohne strukturierten Unterricht, also im Selbst- oder Fernstudium, erreichten ebenfalls eine Erfolgsquote von 62 %. Dies könnte die Vermutung stützen, dass viele dieser Teilnehmenden den Bilanzbuchhalter-Titel nur formell nachholten, da sie bereits über die notwendige Qualifikation verfügten.
Mit einem Abstand von 8 Prozentpunkten folgte der Online-Unterricht, der im Frühjahr 2024 eine Erfolgsquote von 52 % aufwies (im Vergleich zu 61 % im Herbst 2023).
Am schlechtesten schnitten die hybriden Unterrichtsformen ab, mit einer Bestehensquote von nur 43 % (Herbst 2023: 66 %).
Lernaufwand - wieder mal eine Überraschung!
In dieser Analyse wird der Median des wöchentlichen Lernaufwands in Abhängigkeit von verschiedenen Weiterbildungstypen dargestellt.
Der Median teilt die Datenreihe in zwei gleich große Gruppen: 50 % der Teilnehmenden liegen unterhalb des Medians und 50 % darüber. Im Gegensatz zum Mittelwert wird der Median nicht durch Ausreißer beeinflusst. Daher stellt der Median ein besseres Maß für den „typischen“ Lernaufwand dar, insbesondere wenn die Daten ungleichmäßig verteilt sind oder extreme Ausreißer enthalten, was in diesem Fall häufig zutraf.
Es scheint, dass die Lernstunden bei den Teilnehmenden dieser Umfrage eine untergeordnete Rolle spielen. Die Mittelwerte lagen fast bei allen Weiterbildungstypen nahe am Median, mit Ausnahme der Vollzeit-Teilnehmenden, bei denen einige Angaben nicht mit den Ergebnissen in Einklang standen.
Der angegebene Lernaufwand pro Woche beim Fernstudium und Teilzeitstudium stimmte mit den Ergebnissen der Statistik aus dem Frühjahr 2023 überein (bei bestandener Prüfung).
Auch beim Selbststudium zeigte sich die Tendenz, dass die Teilnehmenden, die erfolgreich waren, dies mit geringerem Lernaufwand erreichten. Dies unterstützt die vorher erwähnte Hypothese zur formalen Qualifikation.
Währenddessen investierten die Teilnehmenden im Selbststudium (mit Ausnahme der Vollzeit-Studierenden) den größten Lernaufwand, was jedoch nicht zu einem entsprechenden Erfolg führte.
Diese Beobachtungen könnten darauf hindeuten, dass die Lernmethoden und die Effizienz des Lernens eine größere Rolle spielen als die bloße Anzahl der investierten Stunden.