Methode
Der § 173 I AO ist die wichtigste Korrekturvorschrift und gleichzeitig jene, die in Prüfungen am häufigsten vorkommt!
Steuerbescheide sind aufzuheben bzw. zu ändern, soweit
Tatsachen oder
Beweismittel
nachträglich bekannt werden,
die zu einer höheren Steuer (§ 173 I Nr. 1 AO) oder zu einer niedrigeren Steuer führen und
der Steuerpflichtige kein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden hat (§ 173 I Nr. 2 AO).
Es liegen daher zwei selbstständig voneinander existierende Vorschriften vor, nämlich
Änderungen zuungunsten des Steuerpflichtigen (§ 173 I Nr. 1 AO) und
Änderungen zugunsten des Steuerpflichtigen (§ 173 I Nr. 2 AO).
Unter Tatsachen versteht man alles, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestandes sein kann und sich auf die Höhe der Steuer auswirkt.
Beispiel
Familienstand, Alter, Einnahmen und Ausgaben.
Es ist hierbei allerdings vollkommen unerheblich, ob es sich um einen subjektiven oder um einen objektiven Vorgang handelt. Auch Absichten können eine Tatsache sein, wenn die Absicht zum gesetzlichen Steuertatbestand gehört.
Beispiel
Der Steuerpflichtige züchtet Pflanzen und macht eine Tätigkeit aus Liebhaberei geltend. Fraglich ist, ob eine Gewinnerzielungsabsicht bei der Tätigkeit der Pflanzenzucht vorliegt oder nicht.
Gewinnerzielungsabsicht würde dazu führen, dass die Einnahmen aus der Pflanzenzucht bei den sieben Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes berücksichtigt werden. Es läge eine innere Absicht vor, die zum gesetzlichen Steuertatbestand gehört und daher als Vorgang eine Tatsache wäre.
Merke
Juristische Schlussfolgerungen hingegen sind keine Tatsachen.
Unter Beweismitteln versteht man ein Erkenntnismittel, welches geeignet ist, das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen von Tatsachen zu beweisen. Ein Sachverständigengutachten ist daher ein Beweismittel, wenn es zur Erkenntnis neuer Tatsachen führt und nicht lediglich Schlussfolgerungen enthält.
Die Tatsache bzw. das Beweismittel darf erst nachträglich bekannt werden.
Hierbei ist abzustellen auf die Kenntnisnahme des Finanzamtes, nicht auf das nachträgliche Bekanntwerden beim Steuerpflichtigen.
Die nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen müssen zu einer höheren bzw. zu einer niedrigeren Steuer führen.
Bei einer Änderung nach § 173 I Nr. 2 AO darf den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden, also kein Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit, treffen. Grobes Verschulden eines Vertreters, z.B. des Steuerberaters, ist dem Steuerpflichtigen hierbei zuzurechnen. Unter grober Fahrlässigkeit versteht man, dass die zuzumutende Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und unentschuldbarer Weise verletzt wurde.
Merke
Schließlich können Steuerbescheide, welche aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, grundsätzlich nach § 173 AO nicht mehr geändert werden (= Prinzip der erhöhten Bestandskraft). Selbst wenn eine Außenprüfung ohne Ergebnis blieb, können diese nachträglich nicht mehr geändert werden. Lediglich bei Vorliegen einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung können Steuerbescheide, welche aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, noch geändert oder aufgehoben werden (§ 173 II AO).
Sollten dem Steuerpflichtigen Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen sein und er deshalb (!) Fehler in seiner Steuererklärung begangen haben, so ist der Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern (§ 173a AO).
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