Inhaltsverzeichnis
Gewinn- und Verlustrechnung
Merke
LEHRZIELE:
Sie sollen nach Durchsicht dieses Kapitels die Vorgehensweise der Gewinn- und Verlustrechnung beherrschen, insbesondere die Unterschiede zwischen der GuV nach dem Umsatzkosten- und nach dem Gesamtkostenverfahren.
Lesen Sie deshalb zunächst einmal sehr genau § 275 II und § 275 III HGB.
In der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) werden die Erfolgsbeträge des Unternehmens gesammelt, es werden Aufwendungen und Erträge einander gegenüber gestellt. Die Aufgaben einer GuV sind damit zum einen, den Periodenerfolg zu berechnen, und zum anderen, die Quellen des Periodenerfolgs darzustellen. Man unterscheidet verschiedene Möglichkeiten von Gewinn- und Verlustrechnung in Abhängigkeit der folgenden Kriterien:
nach der grafischen Aufbereitung
Kontoform
oder Staffelform
nach der Möglichkeit der Saldierung
Bruttorechnung
oder Nettorechnung
nach dem Umgang mit der Bewertung von Lagerbestandserhöhungen
Gesamtkostenverfahren
oder Umsatzkostenverfahren.
Grafische Aufbereitung der GuV
Bei der Kontoform werden Aufwendungen und Erträge einander gegenübergestellt wenn die Aufwandsseite ertragsmäßig größer als die Ertragsseite ist, so erhält man einen Jahresfehlbetrag. Im umgekehrten Fall ergibt sich ein Jahresüberschuss. Bei der Staffelform werden Aufwendungen und Erträge skontiert vorgeschrieben. Dies bedeutet, dass Erträge und Aufwendungen untereinander weg geschrieben werden. Sowohl in § 275 II HGB und § 275 III HGB wird eine skontierte Form zwingend dargestellt. In den folgenden beiden Abbildungen wird eine Gewinn- und Verlustrechnung in Kontoform sowohl als auch eine Gewinn- und Verlustrechnung in Staffelform dargestellt, hierbei bilden Umsatzerlöse und Erträge aus Beteiligungen die Erträge, Löhne und Gehälter, Abschreibungen und Zinsen die Aufwendungen. Die Erträge seien größer als die Aufwendungen, sodass schließlich ein Jahresüberschuss entsteht.
Gewinn- und Verlustrechnung | |
Aufwendungen | Erträge |
|
|
|
|
| |
Jahresüberschuss |
Gewinn- und Verlustrechnung in Kontoform
Gewinn- und Verlustrechnung |
Erträge Umsatzerlöse Erträge aus Beteiligungen Aufwendungen Löhne und Gehälter Abschreibungen Zinsaufwendungen = Jahresüberschuss |
Gewinn- und Verlustrechnung in Staffelform
Möglichkeiten der Saldierung
Nach der Art der Saldierung unterscheidet man eine GuV nach Brutto- und nach Nettorechnung. Bei einer Bruttoerfolgsrechnung werden Aufwendungen und Erträge grundsätzlich unsaldiert ausgegeben. Beide Arten der Darstellung von Gewinn- und Verlustrechnung in § 275 II HGB und § 275 III HGB gehen nach diesem Bruttoprinzip vor, verbieten also weitestgehend die Saldierung von Aufwendungen mit Erträgen.
Gesamtkostenverfahren oder Umsatzkostenverfahren
Nach der Art des Umgangs mit Bestandserhöhungen unterscheidet man Gewinn- und Verlustrechnungen
nach dem Gesamtkostenverfahren (GKV) und
nach dem Umsatzkostenverfahren (UKV).
Bei dem Gesamtkostenverfahren werden alle Umsatzerlöse als Erträge gebucht, darüber hinaus jedoch werden Bestandserhöhungen als Ertrag, d.h. als Erfolg, gebucht. Der Gesamtertrag der Unternehmung setzt sich deswegen aus Umsatzerlösen und Bestandserhöhungen zusammen. Sollte es zu Minderung des Bestandes an unfertigen oder fertigen Erzeugnissen und Eigenleistungen kommen, so würden diese von den Umsatzerlösen abgezogen werden. § 275 II HGB beschreibt die Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren vor. Er erwähnt sieben Arten von Erträgen, nämlich:
Umsatzerlöse
Erhöhung oder Verminderung des Bestands an unfertigen oder fertigen Erzeugnissen
andere aktivierte Eigenleistungen
sonstige betriebliche Erträge
Erträge aus Beteiligungen
Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens
sonstige Zinsen und ähnliche Erträge.
Die Aufwendungen gliedern sich in der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren in
Materialaufwendungen
Personalaufwendungen
Abschreibungen
Sonstige betriebliche Aufwendungen
Abschreibungen auf Finanzanlagen und Wertpapiere des Umlaufvermögens
Zinsen und ähnliche Aufwendungen
Steuern vom Einkommen und vom Ertrag
Das Ergebnis hier ist nun das sog. "Ergebnis nach Steuern". Von diesem werden noch die
sonstigen Steuern
abgezogen, so dass man insgesamt den Jahresüberschuss bzw. den Jahresfehlbetrag erhält. Die Bewertung der Bestandserhöhung bzw. Bestandsminderung bei der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren ist lediglich am Jahresende vonnöten. Hierzu muss stets eine körperliche Bestandsaufnahme vorgenommen werden. Es ist nicht notwendig, fortlaufend die Zugänge an fertigen und unfertigen Erzeugnissen zu ermitteln und zu bewerten, dies erfolgt lediglich beim Umsatzkostenverfahren.
Bei der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren werden als Ertrag nur die Umsatzerlöse ausgewiesen. Bestandserhöhungen werden nicht positiv bewertet. Auch die Aufwandsseite erfolgt beim Umsatzkostenverfahren anders als beim Gesamtkostenverfahren. Hier werden nicht sämtliche Aufwendungen der Periode erfasst, sondern lediglich jene, welche im Zusammenhang mit verkauften Produkten anfallen, so genannte Umsatzaufwendungen.
Merke
Nach § 275 I HGB existiert ein Wahlrecht, die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren oder nach dem Gesamtkostenverfahren aufzustellen. Die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren hat nach § 275 III HGB folgendes Aussehen:
GUV nach dem Umsatzkostenverfahren | |
1. | Umsatzerlöse |
2. | Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen |
3. | Bruttoergebnis vom Umsatz |
4. | Vertriebskosten |
5. | allgemeine Verwaltungskosten |
6. | sonstige betriebliche Erträge |
7. | sonstige betriebliche Aufwendungen |
8. | Erträge aus Beteiligungen davon aus verbundenen Unternehmen |
9. | Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens |
davon aus verbundenen Unternehmen | |
10. | sonstige Zinsen und ähnliche Erträge |
davon aus verbundenen Unternehmen | |
11. | Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens |
12. | Zinsen und ähnliche Aufwendungen |
davon an verbundene Unternehmen | |
13. | Steuern vom Einkommen und vom Ertrag |
14. | Ergebnis nach Steuern |
15. | sonstige Steuern |
16. | Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag |
GuV nach UKV
Die Grobgliederung einer GuV lautet damit wie folgt:
Zwischenergebnisse |
Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit |
+ finanzwirtschaftliches Ergebnis |
– Steuern vom Einkommen und Ertrag |
= Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag |
Grobgliederung GuV
Der erste Teil, also die betriebliche Tätigkeit, wird zunächst mit dem Umsatz- oder Gesamtkostenverfahren ermittelt. Danach schließen sich die anderen Komponenten an, die unabhängig von UKV oder GKV sind.
Es lassen sich folgende Vorgehensweisen bei der Erstellung einer Gewinn- und Verlustrechnung unterscheiden:
GuV auf Teilkostenbasis
nach Umsatzkostenverfahren
nach Gesamtkostenverfahren
GuV auf Vollkostenbasis
nach Umsatzkostenverfahren
nach Gesamtkostenverfahren.
Beispiele zur Erstellung einer GuV
Wir besprechen die einzelnen Möglichkeiten anhand von
Gesamtkostenverfahren und nach dem
Umsatzkostenverfahren,
und zwar jeweils auf Vollkosten- und auf Teilkostenbasis.
Beispiel
Kostenarten | Kostenstellen | ||||
| Material | Fertigung | Verwaltung | Vertrieb | |
Einzelkosten | |||||
Material- | 60.000 | ||||
Fertigungs- | 45.000 | ||||
Gemeinkosten | |||||
sonstige Personalkosten | 20.000 | 80.000 | 10.000 | 10.000 | |
Betriebsstoffe | 10.000 | 80.000 | 5.000 | 5.000 | |
Abschreibungen | |||||
- planmäßig | 20.000 | 50.000 | 10.000 | 10.000 | |
- außerplanmäßig | 30.000 |
Zunächst errechnet man die relevanten Summen aus obigem BAB.
Kostenarten |
| Kostenstellen | |||||
| Summe | Material | Fertigung | Verwaltung | Vertrieb | ||
Einzelkosten | |||||||
Material | 60.000 | 60.000 | |||||
Fertigungs | 45.000 | 45.000 | |||||
Summe Einzelkosten | 105.000 | ||||||
Gemeinkosten | |||||||
Sonstige Personalkosten | 120.000 | 20.000 | 80.000 | 10.000 | 10.000 | ||
Betriebsstoffe | 100.000 | 10.000 | 80.000 | 5.000 | 5.000 | ||
Abschreibungen | |||||||
- planmäßig | 90.000 | 20.000 | 50.000 | 10.000 | 10.000 | ||
- außerplanmäßig | 30.000 | 30.000 | |||||
Summe Gemeinkosten | 340.000 | 50.000 | 240.000 | ||||
Summe Gesamtkosten | 445.000 | 110.000 | 285.000 | 25.000 | 25.000 |
Betriebsabrechnungsbogen
Hiervon ausgehend lassen sich nun die unterschiedlichen Arten der GuV erstellen: Bei einer Rechnung auf Teilkostenbasis werden die Herstellungskosten der produzierten, aber nicht abgesetzten Mengeneinheiten nach Maßgabe der mindestens anzusetzenden Werte berechnet, hier also in Höhe der Materialeinzel- und Fertigungseinzelkosten (§ 255 II HGB). In einem Verfahren auf Vollkostenbasis hingegen wird die Höchstgrenze für die Bewertung dieser Mengeneinheiten maßgeblich, d.h. man rechnet Einzelkosten und aktivierungsfähige Gemeinkosten (also gerade nicht die Vertriebsgemeinkosten).
GuV auf Teilkostenbasis
Gesamtkostenverfahren
Betrachten wir das Beispiel: Zuerst zum Gesamtkostenverfahren auf Teilkostenbasis.
Die Bewertung der Mengeneinheiten erfolgt, wie o.e., zu der erforderlichen Mindesthöhe:
Positionen | Rechnung | Betrag |
Materialeinzelkosten | 60.000/300 | 200 |
Fertigungseinzelkosten | 45.000/300 | 150 |
Wertuntergrenze Herstellungskosten | 350 |
Wertuntergrenze Herstellungskosten
Die Bestandserhöhung, die in der GuV nach dem Gesamtkostenverfahren als Ertrag verbucht wird, errechnet sich demnach als (300-220)·350 = 28.000 €. Die Umsatzerlöse sind unabhängig von der gerechneten Methode der GuV bei 220·3.000 = 660.000 €. Die Materialaufwendungen errechnen sich als Summe aus Fertigungsmaterial (also Materialeinzelkosten) und Betriebsstoffen. Der Personalaufwand wiederum ist Fertigungslöhne (also Fertigungslöhne) und sonstige Personalkosten. Danach fehlen nur noch die Abschreibungen,
die schließlich auch noch abgezogen werden. Dies zeigt die folgende Übersicht:
Gewinn- und Verlustrechnung nach GKV | ||
Posten | Berechnung | Betrag |
Umsatzerlöse | 220·3.000 | 660.000 |
Bestandserhöhung | 80·350 | 28.000 |
Materialaufwand | 60.000+100.000 | 160.000 |
Personalaufwand | 45.000+120.000 | 165.000 |
Abschreibungen | 120.000 | |
(davon außerplanmäßig) | (30.000) | |
Sonstige betriebliche Aufwendungen | - | |
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit | 243.000 |
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
Umsatzkostenverfahren
Auch für das Umsatzkostenverfahren auf Teilkostenbasis legen wir die Zahlen aus dem bekannten Beispiel zugrunde.
Da dieses Verfahren ebenfalls auf Teilkostenbasis ist, werden die 220 verkauften Fahrräder ebenfalls mit 350 € bewertet (siehe Kalkulation weiter oben). Von den Umsatzerlösen von 660.000 € werden die sog. umsatzbezogenen Herstellkosten abgezogen, d.h. es werden zunächst nur solche Kosten als Aufwendungen zugelassen, die sich auf die abgesetzten Mengeneinheiten beziehen und nicht lediglich auf produzierte, aber nicht verkaufte. Die Differenz ist das Betriebsergebnis vom Umsatz. Danach werden sämtliche Gemeinkosten abgezogen, nämlich jene für Verwaltung und Vertrieb sowie jene für Material und für Fertigung.
Methode
Das Ergebnis hält die folgende Übersicht fest:
Gewinn- und Verlustrechnung nach UKV (Teilkostenbewertung) | ||
Posten | Berechnung | Betrag |
Umsatzerlöse | 220·3.000 | 660.000 |
umsatzbezogene | 220·350 | 77.000 |
Betriebsergebnis vom Umsatz | 583.000 | |
Vertriebskosten | 25.000 | |
Verwaltungskosten | 25.000 | |
Sonstige betriebliche Aufwendungen | 50.000+240.000 | 290.000 |
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit | 243.000 |
GuV nach UKV auf Teilkostenbasis
GuV auf Vollkostenbasis
Gesamtkostenverfahren
Betrachten wir nun beide Verfahren auf Vollkostenbasis. Zuerst das Beispiel zum Gesamtkostenverfahren.
Die produzierten, aber nicht abgesetzten Mengeneinheiten werden nun auf Vollkostenbasis bewertet, d.h. mit ihrer Wertobergrenze:
Positionen | Rechnung | Betrag |
Material |
| 200 |
Fertigungs |
| 150 |
Wertuntergrenze |
| 350 |
Material | 50.000/300 | 166,67 |
Fertigungs | 210.000/300 | 700 |
Verwaltungskosten | 25.000/300 | 83,33 |
Wertobergrenze |
| 1.300 |
Wertobergrenze
Die produzierten, aber nicht abgesetzten Mengeneinheiten werden mit 1.300 € pro Stück, also zu Vollkosten, als Bestandserhöhung bewertet. Der Materialaufwand ist wieder die Summe aus Materialeinzelkosten und Betriebsstoffen. Der Personalaufwand setzt sich zusammen aus Fertigungseinzelkosten und sonstigen Personalkosten. Schließlich werden noch die Abschreibungen abgezogen. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit lautet 319.000 €. Es ist nicht gleich dem Ergebnis des Gesamtkostenverfahrens auf Teilkostenbasis wegen der unterschiedlichen Bewertung der Lagerbestandserhöhung.
Gewinn- und Verlustrechnung nach GKV (Vollkostenbewertung) | ||
Posten | Berechnung | Betrag |
Umsatzerlöse | 220·3.000 | 660.000 |
Bestands | 80·1.300 | 104.000 |
Materialaufwand | 60.000+100.000 | 160.000 |
Personalaufwand | 45.000+120.000 | 165.000 |
Abschreibungen |
| 120.000 |
(davon außerplanmäßig) |
| (30.000) |
Sonstige betriebliche Aufwendungen |
| - |
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit | 319.000 |
GuV nach GKV
Umsatzkostenverfahren
Abschließend zum Umsatzkostenverfahren auf Vollkostenbasis.
Die produzierten Mengeneinheiten werden wieder zu Vollkosten, also mit 1.300 € pro Stück, bewertet. Das Betriebsergebnis vom Umsatz lautet deswegen 374.000 €. Abgezogen werden danach lediglich noch jene Gemeinkosten, die nicht aktivierbar sind, nämlich die Vertriebskosten und die außerplanmäßigen Abschreibungen. Das Ergebnis ist dasselbe wie bei der GuV nach dem Gesamtkostenverfahren auf Vollkostenbasis, nämlich 319.000 €.
Gewinn- und Verlustrechnung nach UKV (Vollkostenbewertung) | ||
Posten | Berechnung | Betrag |
Umsatzerlöse | 220·3.000 | 660.000 |
umsatzbezogene | 220·1.300 | 286.000 |
Betriebsergebnis vom Umsatz |
| 374.000 |
Vertriebskosten |
| 25.000 |
Verwaltungskosten |
| - |
sonstige betriebliche Aufwendungen |
| 30.000 |
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit | 319.000 |
GuV nach UKV auf Vollkostenbasis
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