Inhaltsverzeichnis
Fremdkapital und Rückstellungen
Übung 13: Verbindlichkeiten
ca. 20 Punkte, ca. 45min. Bearbeitungszeit
Sachverhalt
Im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten sollen sie die folgenden Sachverhalte beurteilen:
Geschäftsvorfall 1
Die X-GmbH bezieht ihre Rohstoffe zum großen Teil von der Y-KG. Die Y-KG möchte ein neues Logistikzentrum errichten – die X-GmbH könnte dadurch von niedrigeren Versandlaufzeiten profitieren. Die Hausbank der Y-KG fordert für eine Kreditzusage aber weitere Sicherheiten.
Die X-GmbH übernahm dann auf Bitten der Y-KG gegenüber der Bank eine selbstschuldnerische Bürgschaft i.H.v. 1.000.000 € für die Y-KG. Zum 31.12.01 gibt es keine Anzeichen für eine Inanspruchnahme aus dieser Zusage.
Geschäftsvorfall 2
Die X-GmbH bezog zum 11.11.01 von der Z Inc. aus den USA Rohstoffe zum Preis von 30.000 US-$. Die X-GmbH erfasste die Lieferung mit folgender Buchung:
Aufwand RHB-St. | 25.000 € | an | Verb. LuL | 25.000 € |
Der Rechnungsbetrag wurde im Januar 02 beglichen. Der Devisenkassamittelkurs zu einem Euro entwickelte sich wie folgt:
11.11.01 | 1 € = 1,20 US-$ |
31.12.01 | 1 € = 1,15 US-$ |
Jan. 02 | 1 € = 1,10 US-$ |
Zum 31.12.01 buchte die X-GmbH:
Aufwand RHB-St. | 1.086 € | an | Verb. LuL | 1.086 € |
Geschäftsvorfall 3
Die X-GmbH nahm im Februar 01 bei der B Bank ein Tilgungsdarlehen über 2.000.000 € auf, das in 5 gleichen Raten von 400.000 € in den folgenden 5 Jahren getilgt werden soll (beginnend im Januar 02). Die Zinsen für 01 wurden zutreffend
gebucht. Im Februar 01 wurden 1.800.000 € ausgezahlt.
Die X-GmbH buchte im Februar 01:
Bank | 1.800.000 € | an | Verb. Darl. | 1.800.000 € |
Geschäftsvorfall 4
Die X-GmbH erhielt im Dezember 01 eine Lieferung von RHB-Stoffen der Z-KG. Der Lieferant stellt dafür eine umsatzsteuerpflichtige Rechnung über 24.000 € netto (19 % VorSt) aus. Die KG räumte der X-GmbH für die Bezahlung innerhalb eines Monats einen Skontoabzug von 2 % auf den Rechnungsbetrag ein. Die X-GmbHnbeglich die Rechnung unter Skontoabzug in Januar 02 und erfasste die Lieferung im Dezember 01 mit der folgenden Buchung:
Aufwa. RHB-St. | 23.520 € | an | Verb. LuL | 27.988€ |
VorSt | 4.468 € |
Aufgabe
- Nehmen Sie zu den Sachverhalten handels- und steuerrechtlich Stellung; geben Sie hierbei auch die relevanten Rechtsvorschriften an und entwickeln Sie die Bilanzansätze zum 31.12.01.
- Geben Sie auch die erforderlichen Abschlussbuchungen nach HR an.
Lösung
Aufgabenstellung a)
Geschäftsvorfall 1
Mit der Übernahme der Bürgschaft verpflichtet sich die X-GmbH gegenüber der Bank, für die Verpflichtung der Z-KG, einzustehen. Es handelt sich um eine Eventualverbindlichkeit, aus der sich zunächst keine bilanziellen Folgen für die X-
GmbH ergeben. Eine Auswirkung ergibt sich erst dann, wenn Hinweise auf eine Inanspruchnahme abzeichnen. Dies ist hier noch nicht der Fall.
Die Bürgschaft ist aber als Haftungsverhältnis im Anhang anzugeben, §§ 251, 268 Abs. 7 HGB.
Geschäftsvorfall 2
Die Lieferverbindlichkeit ist unter dem Bilanzposten „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen“ auszuweisen, § 266 Abs. 3 C 4 HGB. Die Bewertung erfolgt mit dem Erfüllungsbetrag, §§ 253 Abs. 1 HGB, 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG.
Der Zugangswert ergibt sich aus der Umrechnung des Rechnungsbetrags mit dem Wechselkurs zum 11.11.01:
Nennbetrag | 30.000 US-$ | |
/ | Wechselkurs 11.11.01 | 1,20 US-$ |
= | Erfüllungsbetrag zum 11.11.01 | 25.000 € |
Die Buchung ist damit handels- und steuerrechtlich zutreffend.
Da sich der Wechselkurs aus Sicht der X-GmbH zum Bilanzstichtag negativ entwickelt hat, ist die Verbindlichkeit handelsrechtlich zum Bilanzstichtag zwingend mit dem höheren Erfüllungsbetrag zu bewerten, § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB.
Steuerrechtlich ist eine höhere Bewertung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG ebenfalls zulässig (Wahlrecht), da eine Werterhöhung der Verbindlichkeit eingetreten ist, die als dauerhaft anzusehen ist – denn die negative Wechselkursentwicklung hält bis zur Bezahlung in 02 an, vgl. BMF vom 02.09.2016, Rz. 36. Da ein möglichst niedriger
Gewinn gewünscht ist, wird von dem Wahlrecht Gebrauch gemacht, sodass handels- und steuerrechtlich der höhere Wert angesetzt wird:
Nennbetrag | 30.000 US-$ | |
/ | Wechselkurs 31.12.01 | 1,15 US-$ |
= | Erfüllungsbetrag zum 11.11.01 | 26.086 € |
Die Verbindlichkeit steigt daher um 1.086 €, § 256a S. 1 HGB.
Die Differenz zum Zugangswert ist allerdings nicht als Erhöhung des Materialaufwands, sondern als s.b. Aufwand auszuweisen, § 277 Abs. 5 HGB. Daher ist die GuV-Position zum 31.12.01 umzubuchen.
Geschäftsvorfall 3
Mit der Darlehensaufnahme entsteht eine Verbindlichkeit ggü. Kreditinstituten, die auch als solche gemäß § 266 Abs. 3 C 2 HGB auszuweisen und mit dem Erfüllungsbetrag gemäß §§ 253 Abs. 1 S. 2 HGB, 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG zu bewerten ist. Der Bilanzansatz zum 31.12.01 beträgt daher 2.000.000 €.
Der Unterschiedsbetrag des Auszahlungsbetrags von 1.800.000 € zum Nennbetrag von 2.000.000 € stellt ein Damnum/Disagio i.H.v. 200.000 € dar. Es handelt sich um eine Zinsvorauszahlung, die sich auf die gesamte Laufzeit des Darlehens bezieht. Handelsrechtlich besteht gemäß § 250 Abs. 3 S. 1 HGB ein Aktivierungswahlrecht. Aufgrund des Wunsches eines möglichst hohen Vermögensausweises in der HBil wird ein das Damnum über einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten (ARAP) aktiviert.
Steuerrechtlich muss das Damnum zwingend über den ARAP abgegrenzt werden, § 5 Abs. 5 EStG, H 6.10 [Damnum] EStH.
Da hier ein Tilgungsdarlehen vorliegt, erfolgt die Verteilung des Zinsaufwands im ARAP nach der digitalen Methode / Zinsstaffelmethode, H 5.6 [Auflösung von Rechnungsabgrenzungsposten im Zusammenhang mit Zinsaufwand] EStH.
Berechnung des Auflösungsbetrags
Gewichtung der 200.000 € mit der Summe der natürlichen Zahlen, die auf die erste Rate entfällt; da Darlehensaufnahme im Februar 01 erfolgt, ist für das Jahr 01 nur ein Aufwand von 11/12 anzusetzen:
200.000 € x 5/15 x 11/12 = 61.111 €
Zinsaufwand 01 aus ARAP: 61.111 €
ARAP zum 31.12.01 (200.000 € ./. 61.111 €): 138.889 €
Geschäftsvorfall 4
Mit der Lieferung der Hilfsstoffe ist eine Verbindlichkeit entstanden, die als „Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen“ auszuweisen ist, § 266 Abs. 3 C 4 HGB.
Die Bewertung erfolgt handelsrechtlich mit dem Erfüllungsbetrag (§ 253 Abs. 1 S. 2 HGB) und steuerrechtlich mit den AK, § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG, hier somit 28.560 €. Demgegenüber steht ein Aufwand aus Materialeinkauf i.H.v. 24.000 € und abziehbare VorSt (sonstiger Vermögensgegenstand) von 4.560 €.
Der Skontoabzug darf aber erst berücksichtigt werden, wenn er tatsächlich in Anspruch genommen wird, H 6.2 [Skonto] EStH. Hier muss also eine Korrektur desbSkonto erfolgen. Auch die Vorsteuer darf erst im Zeitpunkt der tatsächlichen
Minderung der BMG berichtigt werden, § 17 UStG.
Aufgabenstellung b)
s.b. Aufwand | 1.086 € | an | Aufw. RHB-St. | 1.086 € |
ARAP | 200.000 € | an | Verb. Darl. | 200.000 € |
Zinsaufw. | 61.111 € | an | ARAP | 61.111 € |
Aufw. RHB-St. | 480 € | an | Verb. LuL | 480 € |
VorSt | 92 € | an | Verb. LuL | 92 € |
Besprechung
Übung 14: Aufbewahrungsrückstellung
ca. 12 Punkte, ca. 30min. Bearbeitungszeit
Sachverhalt
Die X-GmbH ist – wie jedes andere deutsche Unternehmen auch – zur Aufbewahrung bestimmter Geschäftsunterlagen (z.B. Jahresabschlüsse, Rechnungen, Buchführungsunterlagen) gesetzlich verpflichtet. Hierzu verwendet sie einen Raum in einem angemieteten Gebäude. Das Gebäude ist langfristig angemietet, mit zukünftigen Kostensteigerungen ist aufgrund einer Festschreibung des Mietsatzes in den kommenden Jahren nicht zu rechnen.
Es sind die folgenden Parameter bekannt:
- Gesamtgröße Immobilie: 400m²
- Größe des Aufbewahrungsraums: 40m²
- Monatliche Gesamtmiete Immobilie: 4.000 €
- Laufende Kosten Immobilie (außer Miete) pro Monat: 2.000 €
- Am 31.12.01 noch verbliebene durchschnittliche Aufbewahrungspflicht: 5,5 Jahre
- 20 % der im Raum gelagerten Unterlagen könnten vernichtet werden (insoweit keine Aufbewahrungspflicht); da insoweit aber noch „Platz übrig ist“, wurden diese bislang noch nicht vernichtet
- In den vergangenen Jahren hat sich die Aufbewahrungsverpflichtung noch nicht in einem Bilanzposten ausgewirkt
- Gehen Sie davon aus, dass der durchschnittliche Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre für alle Restlaufzeiten einheitlich 4 % beträgt
Im Übrigen sind die folgenden Abzinsungssätze (unverzinsliche Forderungen und Schulden im Nennwert von 1 €) bekannt:
Jahre | 3 % | 3,5 % | 4 % | 4,5 % | 5 % | 5,5 % | 6 % | ||
1 | 0,9709 | 0,9662 | 0,9615 | 0,9569 | 0,9524 | 0,9479 | 0,9434 | ||
2 | 0,9426 | 0,9335 | 0,9246 | 0,9157 | 0,9070 | 0,8985 | 0,8900 | ||
3 | 0,9151 | 0,9019 | 0,8890 | 0,8763 | 0,8638 | 0,8516 | 0,8396 | ||
4 | 0,8885 | 0,8714 | 0,8548 | 0,8386 | 0,8227 | 0,8072 | 0,7921 | ||
5 | 0,8626 | 0,8420 | 0,8219 | 0,8025 | 0,7835 | 0,7651 | 0,7473 | ||
6 | 0,8375 | 0,8135 | 0,7903 | 0,7679 | 0,7465 | 0,7252 | 0,7050 | ||
7 | 0,8131 | 0,7860 | 0,7599 | 0,7348 | 0,7107 | 0,6874 | 0,6651 | ||
8 | 0,7894 | 0,7594 | 0,7307 | 0,7032 | 0,6768 | 0,6516 | 0,6274 | ||
9 | 0,7664 | 0,7337 | 0,7026 | 0,6729 | 0,6446 | 0,6176 | 0,5919 | ||
10 | 0,7441 | 0,7089 | 0,6756 | 0,6439 | 0,6139 | 0,5854 | 0,5584 |
Aufgabe
Beurteilen Sie den Sachverhalt nach den handels- und steuerrechtlichen Vorschriften und entwickeln Sie die Bilanzposten zum 31.12.01. Geben Sie auch die ggf. erforderlichen Buchungssätze an.
Lösung
Die Aufbewahrungsverpflichtung von Geschäftsunterlagen ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung und daher als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren, §§ 249 Abs. 1 HGB, 5 Abs. 1 S. 1 EStG. Der Ausweis erfolgt gemäß § 266 Abs. 3 B 3 HGB bei den sonstigen Rückstellungen.
Soweit eine Aufbewahrung gesetzlich nicht erforderlich ist, kommt eine Rückstellungsbildung mangels Verpflichtung nicht in Betracht – daher sind die 20 % der nicht notwendig aufbewahrten Unterlagen nicht in einer Rückstellung mit einzubeziehen, R 5.7 Abs. 4 EStR.
Die Bewertung erfolgt mit dem voraussichtlichen Erfüllungsbetrag, § 253 Abs. 1 S. 2 HGB. Die verbleibende durchschnittliche Aufbewahrungspflicht von 5,5 Jahren ist bei der Bewertung der Rückstellung zu berücksichtigen, H6.11 [Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen] EStH. Vorbehaltlich etwaiger Abzinsung ergeben sich daher folgende vorläufige Rückstellungswerte:
Miete pro Monat | 4.000 € | |
+ | lfd. Kosten pro Monat | 2.000 € |
= | Gesamtkosten für 400m² | 6.000 € |
X | auf Archivraum entfallend | 40/400 |
= | Kosten pro Monat Archivraum | 600 € |
./. | nicht notwendiger Platz für nicht aufbewahrungspfl. Unt. | 20 % |
= | Zwischenergebnis | 480 € |
= | pro Jahr (x 12 Monate | 5.760 € |
= | für verbleibende Aufbewahrungsdauer (x 5,5 J.) | 31.680 € |
In der Handelsbilanz ist die Rückstellung wegen ihrer Laufzeit von mehr als einem Jahr abzuzinsen, hier basierend auf einem Zinssatz von 4 % gemäß Aufgabenstellung (7-Jahres-Wert), § 253 Abs. 2 S. 1 HGB. Da die Restlaufzeit am Bilanzstichtag 5,5 Jahre beträgt, müssen die Abzinsungsfaktoren gemäß Tabelle für die Restlaufzeiten
5 Jahre und 6 Jahre interpoliert werden:
Vervielfältiger 5 Jahre RLZ (4 %) | 0,8219 | |
./. | Vervielfältiger 6 Jahre RLZ (4 %) | 0,7903 |
= | Differenz | 0,0316 |
= | hiervon 6/12 | 0,0158 |
+ | Vervielfältiger 6 Jahre RLZ | 0,7903 |
= | interpolierter Vervielfältiger | 0,8061 |
X | Nennbetrag Rückstellung | 31.680 € |
= | abgezinste Rückstellung HBil | 25.537 € |
Die Rückstellung ist zunächst in Höhe des Nennbetrags einzubuchen – die anschließende Abzinsung ist gemäß § 277 Abs. 5 HGB unter „sonstige Zinsen und ähnliche Erträge“ gesondert auszuweisen.
In der StBil kommt eine Abzinsung nicht in Betracht, da eine Sachleistungsverpflichtung vorliegt und mit der Aufbewahrung bereits unmittelbar nach dem Bilanzstichtag begonnen wird, § 6 Abs. 1 Nr. 3a e) S. 2 EStG (Beginn der
Erfüllung somit innerhalb von 12 Monaten). Daher ist grundsätzlich der Nennbetrag der Rückstellung in der StBil anzusetzen.
Der handelsrechtliche Jahresüberschuss ist daher für steuerliche Zwecke gemäß § 60 Abs. 2 EStDV um 6.143 € zu vermindern.
Buchungssatz:
s.b. Aufwand | 31.680 € | an | soRSt | 25.537 € |
Zinsertr. | 6.143 € |
Besprechung
Übung 15: Neue Halle
ca. 18 Punkte, ca. 45min. Bearbeitungszeit
Sachverhalt
Die X-GmbH hat mit Vertrag vom 01.01.01 ein fremdes Grundstück für 21 Jahre gepachtet – der Verpächter hat ihr dabei das Recht eingeräumt, auf dem Grundstück eine Fertigbauhalle zu errichten. Allerdings besteht der Verpächter darauf, dass das Grundstück bei Beendigung des Pachtvertrags wieder im unbebauten Zustand zurückgegeben werden muss, d.h. die GmbH muss die Halle dann abreißen lassen.
Der Abriss wird voraussichtlich mit eigenen Arbeitnehmern erfolgen – allerdings werden dann div. Baumaschinen angemietet werden müssen. Es ist nach den Verhältnissen des Bilanzstichtags 31.12.01 mit den folgenden Kosten zu rechnen:
• Fremdleistungen (Miete Maschinen) | 10.000 € |
• Entsorgungskosten | 5.000 € |
• Voraussichtliche Bruttolöhne Mitarbeiter | 15.000 € |
• Voraussichtliche gesetzliche soziale Aufwendungen | 5.000 € |
• Voraussichtliche freiwillige soziale Aufwendungen | 1.000 € |
• Voraussichtliche Kosten des eigenen Fuhrparks | 1.000 € |
• Allgemeine Verwaltungskosten | 500 € |
Es ist davon auszugehen, dass Teile des Abbruchmaterials noch für 3.000 € veräußert werden können. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass die Kosten zum Ablauf des Mietvertrags um ungefähr 40 % gestiegen sein werden.
Aufgabe
- Nehmen Sie aus handels- und steuerrechtlicher Sicht Stellung und entwickeln Sie die Bilanzansätze zum 31.12.01. Gehen Sie von einem durchschnittlichen Marktzins der vergangenen sieben Geschäftsjahre von
4 % aus. Alle Beträge verstehen sich netto ohne USt. Zur Halle muss nicht Stellung genommen werden. - Geben Sie die handelsrechtlichen Abschlussbuchungen an.
Lösung
Aufgabenteil a)
Die X-GmbH hat sich bereits im Pachtvertrag zum Abriss der Halle verpflichtet, sodass eine Verbindlichkeit dem Grunde nach vorliegt – die Höhe der Kosten ist jedoch ungewiss. Somit ist für diese Verpflichtung eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gemäß §§ 249 Abs. 1 HGB, 5 Abs. 1 S. 1 EStG zwingend anzusetzen. Der Ausweis erfolgt unter dem Bilanzposten „sonstige Rückstellungen“, § 266 Abs. 3 B. 3 HGB.
Die Bewertung erfolgt handelsrechtlich mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag, § 253 Abs. 1 S. 2 HGB. Da es sich um eine Sachleistungsverpflichtung handelt, sind handels- (und auch steuerrechtlich gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a b) EStG) die Einzelkosten und angemessene Teile der notwendigen
Gemeinkosten einzubeziehen. Außerdem ist die Rückstellung handels- (und auch steuerrechtlich gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a d) EStG) zeitanteilig anzusammeln, da der laufende Betrieb für die Abbruchverpflichtung ursächlich ist (jährlich 1/20 der
Pachtdauer).
Handelsrechtlich schließt der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendige Erfüllungsbetrag auch künftige Kostensteigerungen mit ein, sodass die voraussichtliche Kostensteigerung von 40 % zu beachten ist.
Der voraussichtliche Erlös aus der Veräußerung des Abbruchmaterials ist als künftiger Vorteil (vgl. für die Steuerbilanz auch § 6 Abs. 1 Nr. 3a c) EStG) außen vor zu lassen.
Handelsrechtlich erfolgt die Abzinsung mit 4 %, da dies dem durchschnittlichen Zinssatz der vergangenen sieben Jahre entspricht.
Steuerrechtlich sind bei der Bewertung zwei Besonderheiten zu beachten: Zum einen erfolgt die Abzinsung mit 5,5 % (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3a e) EStG) und auch künftige Kostensteigerungen sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a f) EStG noch nicht zu berücksichtigen.
Daraus ergeben sich für handels- und steuerrechtliche Zwecke die folgenden
Rückstellungswerte:
+ / - | HBil | StBil | |
Fremdleistungen | 10.000 € | 10.000 € | |
+ | Entsorgungskosten | 5.000 € | 5.000 € |
+ | Bruttolöhne der eingesetzten Mitarbeiter | 15.000 € | 15.000 € |
+ | Gesetzliche soziale Aufwendungen | 5.000 € | 5.000 € |
+ | Freiwillige soziale Aufwendungen | 1.000 € | 1.000 € |
+ | Kosten des eingesetzten Fuhrparks | 1.000 € | 1.000€ |
+ | Allgemeine Verwaltungskosten | 500 € | 500 € |
= | Zwischensumme | 37.500 € | 37.500 € |
./. | Erlös Abbruchmaterial | 3.000 € | 3.000 € |
= | Zwischenergebnis | 34.500 € | 34.500 € |
+ | Künftige Kostensteigerung (40 % v. 34.500 €) | 13.800 € | / |
= | BMG vor Abzinsung | 48.300 € | 34.500 € |
/ | Ansammlung | 1/20 | 1/20 |
= | RSt 01 Nennbetrag | 2.415 € | 1.725 € |
/ | Abzinsungsfaktor | 2,1911 (1,0420) | 2,9178 (1,05520) |
= | RSt 31.12.01 | 1.102 € | 591€ |
Der handelsrechtliche Jahresüberschuss ist für steuerliche Zwecke um 1.102 € ./. 591 € = 511 € zu erhöhen, § 60 Abs. 2 EStDV.
Die Erträge aus der Abzinsung (2.415 € ./. 1.102 € = 1.313 €) sind gemäß § 277 Abs. 5 HGB unter dem Posten „Zinsen und ähnliche Erträge“ gesondert auszuweisen.
Aufgabenteil b)
s.b. Aufwand | 2.415 € | an | so. RSt | 2.415 € |
so. RSt. | 1.313 € | an | so. Zinsen | 1.313 € |
Besprechung
Übung 16: Rückstellung
ca. 12 Punkte, 30ca. min. Bearbeitungszeit
Sachverhalt
Die X-GmbH schloss im November 01 einen Kaufvertrag über die Lieferung einer Ware mit einem Kunden ab. In dem Kaufvertrag wurde für die Ware ein Kaufpreis i.H.v. 200.000 € netto vereinbart. Bei Unterzeichnung des Kaufvertrags betrugen die Herstellkosten / Selbstkosten der Ware für die X-GmbH unstreitig 150.000 € netto (die Ware wird von der X-GmbH im eigenen Betrieb hergestellt).
Aufgrund einer allgemein schwierigen wirtschaftlichen Lage sind die Kosten für RHBStoffe allerdings seit November signifikant gestiegen. Die Maschine wurde schließlich im Juni 03 fertiggestellt und am 30.06.03 ausgeliefert. Allerdings war zum Bilanzstichtag schon klar, dass die Herstellung aufgrund der gestiegenen Erzeugerpreise 220.000 € netto kosten würde. Die Möglichkeit, den Preis gegenüber dem Kunden zu erhöhen, bestand nach dem geltenden Vertragsrecht nicht.
Aufgabe
- Nehmen Sie zu dem Sachverhalt nach handels- und steuerrechtlichen Vorschriften Stellung und entwickeln Sie die Bilanzposten zum 31.12.01. Gehen Sie von einem Marktzinssatz der letzten 7 Jahre von 4 % aus.
- Geben Sie die ggf. erforderlichen Abschlussbuchungen nach Handelsrecht
an.
Lösung
Aufgabenteil a)
Die Veräußerung der Ware ist in 01 noch nicht zu erfassen, da diese erst zum 30.06.03 erfolgte und ein Ertrag insoweit erst dann realisiert wurde. Bis dahin liegt ein sog. schwebendes Geschäft vor, dass bilanzrechtlich grundsätzlich ohne Bedeutung ist.
Gleichwohl ist für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gemäß § 249 Abs. 1 HGB eine Rückstellung zu bilden, die gemäß § 266 Abs. 3 B. 3 HGB unter den sonstigen Rückstellungen auszuweisen ist. Steuerrechtlich darf eine solche
Rückstellung wg. § 5 Abs. 4a EStG nicht gebildet werden, sodass es hier zwingend zu Abweichungen zwischen HBil und StBil kommt.
Die Bewertung erfolgt gemäß § 253 Abs. 1 S. 2 HGB mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag – dies ist die Differenz zwischen dem vereinbarten Verkaufspreis und dem tatsächlichen Herstellungspreis:
Vereinbarter Kaufpreis | 200.000 € | ||
./. | tatsächliche HK | 220.000 € | |
= | drohender Verlust | ./. | 20.000 € |
Da die Lieferung erst zum 30.06.03 und damit 18 Monate nach dem Bilanzstichtag erfolgt, hat die Rückstellung zum 31.12.01 eine Restlaufzeit von mehr als einem Jahr – gemäß § 253 Abs. 2 HGB ist sie daher mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der letzten 7 Jahre abzuzinsen. Da die Restlaufzeit hier 1,5 Jahre beträgt sind die
Vervielfältiger für 1 Jahr und 2 Jahre RLZ zu interpolieren. Die Rückstellung ergibt sich daher wie folgt:
VV 1 Jahr RLZ | (1 / 1,041) = 1 / 1,04 | 0,9615 | |
./. | VV 2 Jahre RLZ | (1 / 1,042) = 1 / 1,0816 | 0,9245 |
= | Differenz | 0,037 | |
= | hiervon 6/12 | 0,0185 | |
VV 1 Jahr RLZ | 0,9615 | ||
./. | interpolierter VV | 0,0185 | |
= | maßgebender VV | 0,943 | |
Nennbetrag RSt | 20.000 € | ||
x | maßgebender VV | 0,943 | |
= | abgezinste Rückstellung | 18.860 € |
Hinweis
Eine Darstellung ohne Interpolation (z.B. 1 / 1,041,5) wäre ebenfalls zulässig.
In der Klausur werden häufig auch Tabellen vorgelegt, aus denen die Vervielfältiger abgelesen werden können.
Die Erträge aus der Abzinsung (20.000 € ./. 18.860 € = 1.140 €) sind gemäß § 277 Abs. 5 HGB gesondert unter dem Posten „sonstige Zinsen und ähnliche Erträge“ auszuweisen.
Der handelsrechtliche Jahresüberschuss ist gemäß § 60 Abs. 2 EStDV für steuerliche Zwecke um 18.860 € zu erhöhen.
Aufgabenteil b)
s.b. Aufwand | 20.000 € | an | so. RSt. | 18.860 € |
so. Zins. u. Ertr. | 1.140 € |
Besprechung