Im Gewerbesteuerrecht gibt es, anders als im Einkommensteuerrecht (§ 10d EStG), nur die Möglichkeit, einen Verlust vorzutragen, nicht hingegen, ihn zurückzutragen (§10a GewStG). Der Verlustvortrag erfolgt
unbeschränkt
bis 1.000.000 €,
beschränkt
60 % des 1.000.000 € übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte
Rest als Vortrag.
Der Gewerbeertrag wird bis zu einem Betrag von 1.000.000 € unbeschränkt um jene Fehlbeträge gekürzt, die sich bei Berechnung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorhergehenden Erhebungszeiträume ergeben haben, so weit diese noch nicht berücksichtigt worden sind (§ 10a GewStG).
Fehlbeträge, die darüber hinausgehen, werden in den einzelnen Jahren lediglich beschränkt bis zu 60 % des Gewerbeertrags berücksichtigt, und zwar solange, bis sie aufgebraucht sind.
Expertentipp
Es erfolgt durch die 60 % - Regelung daher lediglich eine Beschränkung des Verlustvortrags in den einzelnen Jahren, nicht jedoch insgesamt.
Eine mögliche Beschränkung des Verlustvortrags, z.B. um Freibeträge nach § 11 I 3 GewStG auszunutzen, ist ausgeschlossen.
Unter dem Begriff Fehlbetrag versteht man den negativen Gewerbeertrag des jeweiligen Erhebungszeitraums, d.h. nach Berücksichtigung der Hinzurechnung und Kürzungen der §§ 8, 9 GewStG.
Bei Einzelunternehmungen und Personengesellschaften ist der Verlustvortrag wegen des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer an die Voraussetzungen der
Unternehmensidentität und der
Unternehmeridentität
geknüpft.
Unternehmensidentität bedeutet hierbei, dass der Gewerbebetrieb des Anrechnungsjahres identisch ist mit jenem Betrieb, welcher im Jahr der Entstehung des Verlusts bestanden hat. Dies hat zur Konsequenz, dass ein negativer Gewerbeertrag eines Betriebes nicht mit einem positiven Gewerbeertrag eines anderen Betriebes, aber desselben Unternehmers ausgeglichen werden kann. Schließlich kann auch bei Betriebsaufgabe und Neugründung durch ein und denselben Unternehmer kein Verlustvortrag „mitgenommen" werden.
Unternehmeridentität besteht zum Beispiel dann nicht, wenn ein Einzelunternehmen durch einen Erben nach dem Tode des Einzelunternehmers weitergeführt wird.
Beispiel
B betreibt in Hamburg ein Einzelunternehmen. Am 8.12.2017 stirbt er, der Betrieb wird durch seine Tochter weitergeführt.
Es liegt keine Unternehmeridentität vor, deshalb kann ein möglicher Verlustvortrag, der zu Lebzeiten des B realisiert wurde, nicht auf den Betrieb der Tochter fortgeführt werden.
Fehlbeträge lassen sich bei einem Unternehmerwechsel, wenn also ein Gewerbetrieb im Ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht (§ 2 V GewStG), nicht übertragen. Der neue Unternehmer kann den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um jene Fehlbeträge kürzen, die sich beim alten Unternehmer ergeben hatten (§ 10a S. 8 GewStG).
Merke
Die Unternehmeridentität ist bei Personengesellschaften sehr viel schwieriger festzustellen als bei Kapitalgesellschaften.
Bei Kapitalgesellschaften bleibt ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag erhalten bei Schließung und anschließender Eröffnung eines anderen Betriebs, weil die Tätigkeit stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt (§ 2 II 1 GewStG). Wichtig ist lediglich, dass die neue Körperschaft nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich identisch ist mit jener Körperschaft, die den Verlust erlitten hat (§ 10a S. 4 GewStG). Insbesondere bei einem sog. Mantelkauf liegt eine wirtschaftliche Identität nicht mehr vor. Man spricht von einem Mantelkauf, wenn von einer Kapitalgesellschaft mehr als die Hälfte der Anteile übertragen werden und die Kapitalgesellschaft danach ihren Geschäftsbetrieb mit vorwiegend neuem Betriebsvermögen wieder aufnimmt.
Bei Personengesellschaften hingegen ist Unternehmeridentität nur dann gegeben, wenn im Jahr der Entstehung des Verlustes an dem Gewerbebetrieb die gleichen Personen beteiligt sind wie in jenem Jahr, für welches der Verlust abgezogen werden soll. Wenn nach der Entstehung des Verlustes ein Wechsel im Kreis der Gesellschafter stattfindet, so geht mit dem Ausscheiden des Gesellschafters auch dessen Anteil am Gewerbeverlust für einen späteren Erhebungszeitraum verloren.
Beispiel
An der Schumann & Philipp KG sind Jens, Florian und Kathrin mit jeweils gleichen Anteilen beteiligt. Kathrin verkauft im Jahre 2016 ihren Anteil an Luisa.
Mit dem Ausscheiden der Kathrin aus der KG geht die Möglichkeit zu einem Drittel verloren, in der Zukunft Verlustvorträge, die noch zu Mitgliedschaftszeiten von Kathrin entstanden sind, vorzutragen.
Der Gewerbeertrag kann also nur in Höhe von 2/3, d.h. in Höhe der Anteile von Florian und Jens, in der Zukunft gekürzt werden, denn nur insofern liegt Unternehmeridentität vor. Die Anteile, die auf die neue Gesellschafterin Luisa entfallen, werden beim Verlustvortrag nicht berücksichtigt.
Unabhängig vom Gesellschafterwechsel ist jedoch die Frage der sachlichen Steuerpflicht des Gewerbebetriebs (§ 2 V GewStG) und der Steuerschuldnerschaft der Gesellschaft (§ 5 II GewStG), beide werden durch den Unternehmerwechsel nicht berührt.
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