Inhaltsverzeichnis
Bilanzierung und Bewertung Eigenkapital
Merke
Im vorliegenden Kapitel sollen Sie erlernen:
- die Zusammensetzung des Eigenkapitals,
- Bedeutung des gezeichneten Kapitals,
- Sinn der Kapitalrücklage,
- Aufgabe der Gewinnrücklagen,
- Bedeutung des Gewinn- und Verlustvortrags,
- Jahresüberschuss, Jahresfehlbetrag.
Insbesondere ist wichtig zu wissen, wie sich einzelne Größen (nämlich gezeichnetes Kapital und Kapitalrücklage) bei einer Kapitalerhöhung verändern.
Schließlich gehen wir noch auf den Rückkauf eigener Anteile ein, der keine Position an sich ist, aber einige Positionen des Eigenkapitals (nämlich Gezeichnetes Kapital und jeweils freie Rücklagen) senkt.
Auf der Passivseite der Bilanz werden die Positionen grundsätzlich zum Rückzahlungsbetrag angesetzt. Die Passivseite gliedert sich auf in
Eigenkapital,
Fremdkapital und
passivische Rechnungsabgrenzungsposten.
Zum Eigenkapital gehören, zumindest für Aktiengesellschaften, fünf unterschiedliche Positionen:
gezeichnetes Kapital
Kapitalrücklagen
Gewinnrücklagen
Gewinnvortrag bzw. Verlustvortrag
Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag.
Man unterscheidet im übrigen folgende
Formen des Erfolgsausweises
vor Ergebnisverwendung
nach teilweiser Ergebnisverwendung
nach vollständiger Ergebnisverwendung.
Gezeichnetes Kapital
Das gezeichnete Kapital gibt den Betrag an, auf den die Haftung der Aktionäre beschränkt ist. In der Kapitalrücklage werden Agios (= Aufgelder) aus der Emission von Aktien bzw. von Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen zusammengefasst.
Beispiel
Im gezeichneten Kapital finden sich die Nennwerte der Aktien wieder, das heißt im vorliegenden Fall, dass 10.000 Aktien à 1 €, also 10.000 €, in das gezeichnete Kapital wandern.
Kapitalrücklage
Innerhalb der Kapitalrücklage werden unterschiedliche Positionen zusammengefasst (§ 272 II HGB):
Beträge, die bei der Emission von Aktien über den Nennbetrag hinaus erzielt werden (= Agio, vgl. § 9 AktG, §§ 150, 152 II AktG),
Betrag, der bei der Emission von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen über ihren Rückzahlungsbetrag hinaus erzielt wird (= Agio, vgl. § 221 AktG),
Zuzahlungsbeträge, die Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs für ihre Anteile leisten (§ 221 III AktG),
Betrag anderer Zuzahlungen, die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten (§ 42 II GmbHG).
Beispiel
Gewinnrücklagen
Dritte Position des Eigenkapitals sind die Gewinnrücklagen. Hier existieren vier Positionen:
gesetzliche Rücklagen
Rücklagen für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen
satzungsmäßige Rücklagen
andere Gewinnrücklagen.
Gesetzliche Rücklagen
Die gesetzliche Rücklage erfasst einen bestimmten Betrag der vom Jahresüberschuss nicht ausgeschüttet werden darf, sondern einbehalten (= thesauriert) werden muss. Hierfür ist folgende Formel maßgeblich, die sich nach dem Aktiengesetz bemisst (§ 150 II AktG). Sie lautet:
Zusätzliche Dotierung der gesetzlichen Rücklage:
0,05·(Jahresüberschuss – Verlustvortrag) solange, bis
Kapitalrücklage + gesetzliche Rücklage = 0,1·gezeichnetes Kapital.
Beispiel
Wieviel muss aus dem Jahresüberschuss der gesetzlichen Rücklage zugeführt werden?
Zur Beantwortung muss man zunächst die untere Formel prüfen, d.h. man muss schauen, ob Kapitalrücklage und gesetzliche Rücklage zusammen 10% des gezeichneten Kapitals ergeben oder nicht. Wenn Kapitalrücklage und gesetzliche Rücklage zusammen kleiner sind als 10 % des gezeichneten Kapitals, muss weiterhin die gesetzliche Rücklage aufgefüllt werden, ansonsten nicht. Im vorliegenden Fall rechnet man
Kapitalrücklage + gesetzliche Rücklage
= 2.000.000 + 2.000.000
= 4.000.000
< 0,1·gezeichnetem Kapital
= 0,1·50.000.000
= 5.000.000 €.
Da 4.000.000 € < 5.000.000 €, muss noch die gesetzliche Rücklage weiterhin aufgefüllt werden, und zwar höchstens in Höhe der fehlenden 1.000.000 €. Die Dotierung selbst lautet
Dotierung = 0,05·(Jahresüberschuss – Verlustvortrag)
= 0,05·(5.000.000 – 1.000.000)
= 0,05·4.000.000
= 200.000 €.
Es muss also aus dem Jahresüberschuss des laufenden Jahres von 5.000.000 € ein Betrag von 200.000 € in die gesetzliche Rücklage eingestellt werden. Man rechnet mithin
Positionen | Betrag |
Jahresüberschuss | 5.000.000,00 € |
abzgl. Verlustvortrag | 1.000.000,00 € |
Bemessungsgrundlage | 4.000.000,00 € |
hiervon 5 %, | 200.000,00 € |
höchstens aber 0,1·50.000.000 – (2.000.000 + 2.000.000) = 0,1·50.000.000 – 4.000.000 = 5.000.000 – 4.000.000 = 1.000.000 | 1.000.000,00 € |
Einstellung gesetzliche Rücklage also | 200.000,00 € |
Satzungsmäßige Rücklagen
Die satzungsmäßigen Rücklagen werden, wie der Name bereits sagt, von der Satzung der Unternehmung bestimmt und ergänzen die gesetzliche Pflicht der Thesaurierung, die in die gesetzliche Rücklage wandert, um eine zusätzliche Thesaurierung, die in die satzungsmäßige Rücklage Eingang findet.
Andere Gewinnrücklagen
Nach der Einstellung in die gesetzliche Rücklage darf höchstens die Hälfte des verbliebenen Betrags in die sog. anderen Gewinnrücklagen eingestellt (also thesauriert) werden (§ 58 AktG).
Beispiel
Man rechnet wie folgt:
Positionen | Betrag |
Jahresüberschuss | 5.000.000,00 € |
abzgl. Verlustvortrag | 1.000.000,00 € |
Bemessungsgrundlage | 4.000.000,00 € |
hiervon 5 %, | 200.000,00 € |
höchstens aber 0,1·50.000.000 – (2.000.000 + 2.000.000) = 0,1·50.000.000 – 4.000.000 = 5.000.000 – 4.000.000 = 1.000.000 | 1.000.000,00 € |
Einstellung gesetzliche Rücklage also | 200.000,00 € |
Bemessungsgrundlage II | 3.800.000,00 € |
hiervon höchstens die Hälfte in die anderen Gewinnrücklagen | 1.900.000,00 € |
Methode
- wenn möglichst viel einbehalten (= thesauriert) werden soll: volle Ausnutzung der 50 % für die anderen Gewinnrücklagen
- wenn möglichst viel ausgeschüttet werden soll: 0 % in die anderen Gewinnrücklagen.
Beachten Sie also die Aufgabenstellung sehr genau!
Gewinnvortrag, Verlustvortrag
Der Gewinnvortrag entsteht deswegen, weil über die Gewinnverwendung früherer Jahre noch nicht endgültig entschieden wurde. Ein Verlustvortrag rührt analog aus Verlusten früherer Perioden.
Beispiel
Wie wir oben errechnet hatten fließen vom Jahresüberschuss in Höhe von 5.000.000 € dann 1.000.000 € in die Ausbuchung des Verlustvortrags, 200.000 € in die gesetzliche Rücklage und 1.900.000 € in die anderen Gewinnrücklagen (wegen des Hinweises, dass den Rücklagen die gesetzlichen Höchstbeträge zugeführt werden sollen). Weitere 300.000 € werden ausgeschüttet, d.h. nach der Thesaurierung (= Einbehaltung) von 200.000 € und 1.900.000,00 € und der Ausschüttung von 300.000 € verbleiben noch 1.600.000 €, über deren Verwendung, d.h. Ausschüttung oder Thesaurierung noch nicht endgültig entschieden wurde. Es handelt sich bei diesem Betrag von 1.600.000 € um den Gewinnvortrag, der ins nächste Jahr mitgenommen wird. Man rechnet
Positionen | Betrag |
Jahresüberschuss | 5.000.000,00 € |
abzgl. Verlustvortrag | 1.000.000,00 € |
Bemessungsgrundlage | 4.000.000,00 € |
hiervon 5 %, | 200.000,00 € |
höchstens aber 0,1·50.000.000 – (2.000.000 + 2.000.000) = 0,1·50.000.000 – 4.000.000 = 5.000.000 – 4.000.000 = 1.000.000 | 1.000.000,00 € |
Einstellung gesetzliche Rücklage also | 200.000,00 € |
Bemessungsgrundlage II | 3.800.000,00 € |
hiervon höchstens die Hälfte in die anderen Gewinnrücklagen | 1.900.000,00 € |
Bemessungsgrundlage III | 1.900.000,00 € |
Ausschüttung (= Dividendenzahlung) | 300.000,00 € |
es verbleiben (= Gewinnvortrag) | 1.600.000,00 € |
Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag
Der Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag bildet den letzten Posten des Eigenkapitals. Es handelt sich hierbei um den Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung.
Wenn die Erträge größer sind als die Aufwendungen, liegt ein Jahresüberschuss vor,
sind die Erträge kleiner als die Aufwendungen, liegt ein Jahresfehlbetrag vor.
Jahresüberschuss und Bilanzgewinn
Kauf eigener Anteile
Der Kauf eigener Anteile kommt einer Kapitalherabsetzung gleich und wird auch – allerdings nach BilMoG und durch den Wegfall der Aktivierung mit gleichzeitiger Bildung einer „Rücklage für eigene Anteile“ – so behandelt. Es wird folgendermaßen vorgegangen.
Methode
- Überprüfe die Voraussetzungen der § 71 I AktG zur Zulässigkeit des Rückkaufs eigener Aktien (oft wird § 71 I Nr. 2 einschlägig sein, nämlich Erwerb der Anteile, um sie eigenen Mitarbeitern anzubieten)
- beachte auch die quantitative Voraussetzung des § 71 II 1 AktG, nämlich dass höchstens 10 % des Grundkapitals zurückgekauft werden darf
- Buche das gezeichnete Kapital herunter um den Betrag (Anzahl zurückgekaufter Aktien·Nennwert) (§ 272 Ia 1 HGB)
- senke freie Rücklagen um den Betrag (Anzahl zurückgekaufter Aktien·(Kaufpreis – Nennwert)) (§ 272 Ia 2 HGB)
- senke das Konto Bank/Kasse entsprechend.
Beispiel
Erstelle die notwendigen Buchungen und die Bilanz am Ende des Jahres 2016.
Zunächst muss die gesetzliche Rücklage dotiert werden (siehe das Kapitel „Gesetzliche Rücklagen“), nämlich mit 0,05·(8.000.000 – 0) = 0,05·8.000.000 = 400.000 €, höchstens aber mit
Höchstbetrag
gesetzliche Rücklage = 0,1·gezeichnetem Kapital – (Kapitalrücklage + gesetzliche Rücklagealt)
= 0,1·(1.000.000 – (0 + 0))
= 100.000 €.
Damit wird 100.000 € in die gesetzliche Rücklage eingestellt.
Danach macht man sich Gedanken um die Ausschüttung bzw. Dotierung der anderen Gewinnrücklagen (siehe Kap. „Andere Gewinnrücklagen"). Es soll die Hälfte als Dividende gezahlt (= ausgeschüttet werden, die andere Hälfte soll einbehalten (= thesauriert) werden.
Man rechnet daher
Positionen | Betrag |
Jahresüberschuss | 8.000.000,00 € |
abzgl. Verlustvortrag | 0,00 € |
Bemessungsgrundlage | 8.000.000,00 € |
hiervon 5 %, | 400.000,00 € |
höchstens aber | 100.000,00 € |
Einstellung gesetzliche Rücklage also | 100.000,00 € |
Bemessungsgrundlage II | 7.900.000,00 € |
Hiervon die Hälfte thesauriert | 3.950.000,00 € |
die andere Hälfte ist Bilanzgewinn | 3.950.000,00 € |
Nun kommt man erst zur Frage des Rückkaufs eigener Aktien, denn es müssten freie Rücklagen vorhanden sein, die runtergebucht werden können.
Die Voraussetzung des § 71 I Nr. 2 AktG ist erfüllt, die Neu-AG darf also Aktien zurückkaufen. Wie viel erlaubt ist, sagt § 71 II 1 AktG: 10 % von 1.000.000 €, d.h. im Werte von höchstens 100.000 €. Da dieser Wert voll ausgeschöpft werden soll, erfolgt dies hier, die Neu-AG erwirbt daher 100.000/100 = 1.000 Aktien zurück und zahlt hierfür 1.000·300 = 300.000 €. Der Buchungssatz ist
Gezeichnetes Kapital | 100.000 | an | ||
freie Rücklagen | 200.000 | an | Bank | 300.000 |
Mithin sieht die Bilanz nach der Dotierung der gesetzlichen Rücklage, der Entscheidung über Bilanzgewinn und dem Rückkauf eigener Anteil wie folgt aus:
Aktiva | Passiva | |||
Position | Beträge | Position | Zwischenrechnung | Beträge |
Vermögensgegenstände | 8.700.000,00 € | Gezeichnetes Kapital | 1.000.000,00 € | |
abzgl. Rückkauf | -100.000,00 € | |||
900.000,00 € | ||||
Gewinnrücklagen | ||||
- gesetzliche Rücklage | 100.000,00 € | |||
- freie Gewinnrücklagen | 3.950.000,00 € | |||
Abzug wg. Differenz aus Kaufpreis und Nennbetrag | 200.000,00 € | |||
Gewinnrücklagen | 3.850.000,00 € | |||
Bilanzgewinn | 3.950.000,00 € | |||
Bilanzsumme | 8.700.000,00 € | Bilanzsumme | 8.700.000,00 € |
Beachte also, dass die freien Gewinnrücklagen nach Abzug der 200.000,00 € dann nur noch 3.750.000 € betragen.
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