Im vorliegenden Kapitel behandeln wir die Frage, mit welchem Betrag ein Gegenstand in die Bilanz Eingang findet.
Merke
Wir reden also hier nur über Gegenstände, die nicht mit einem Bilanzierungsverbot belegt waren, bzw. bei denen vom existierenden Wahlrecht Gebrauch gemacht wurde. Wenn nicht Gebrauch gemacht wurde vom Wahlrecht, so wird vielmehr die Gewinn- und Verlustrechnung angesprochen und nicht die Bilanz! Bei der Höhe des Ansatzes auf der Aktivseite existieren unterschiedliche Prinzipien:
Höchstwertprinzip,
Niederstwertprinzip.
Das Höchstwertprinzip besagt, dass ein Gegenstand höchstens mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert werden darf. Das Niederstwertprinzip hingegen greift, wenn der Gegenstand bereits aktiviert ist und beantwortet die Frage, wie man mit Wertminderungen umgehen muss. Das Niederstwertprinzip existiert in doppelter Ausführung:
strenges Niederstwertprinzip (gilt für das Umlaufvermögen, § 253 Abs. 3 Satz 1 HGB) und
gemildertes Niederstwertprinzip (gilt für das Anlagevermögen, § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB).
Merke
Das Höchstwertprinzip besagt auf der Passivseite, dass Verbindlichkeiten zu ihrem Rückzahlungsbetrag anzusetzen sind (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB).
Für erworbene Vermögensgegenständen gilt das Prinzip, dass diese zu Anschaffungskosten zu aktivieren sind. Unter Anschaffungskosten versteht man nach § 255 Abs. 1 HGB folgende vier Positionen:
Kaufpreis (meistens ohne Mehrwertsteuer, d.h. netto)
abzgl. Anschaffungspreisminderungen
zzgl. Anschaffungsnebenkosten
zzgl. nachträglichen Anschaffungskosten.
Merke
Entscheidend ist, dass nur und ausschließlich Einzelkosten zu den Anschaffungskosten zählen (§ 255 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz, HGB). Das bedeutet insbesondere, dass Gemeinkosten (die also nicht einzeln dem Kostenträger zugeordnet werden können) nicht zu den Anschaffungskosten zählen. Hierunter fallen nach unserer Ansicht insbesondere die so genannten Boni, die nicht einzeln dem Vermögensgegenstand zuordenbar sind und daher nicht Bestandteil der Anschaffungskosten sein können.
Kommen wir zu den einzelnen Positionen der Anschaffungskosten.
Anschaffungspreis
Ausgangspunkt der Anschaffungskosten bildet der Kaufpreis. Die meist anfallende Umsatzsteuer ist abzuziehen, sofern es sich um ein vorsteuerabzugsberechtigtes Unternehmen handelt. Unternehmen, die die Mehrwertsteuer nicht abziehen dürfen, müssen daher den Bruttobetrag ansetzen und nicht den Nettobetrag. In den meisten Fällen ist es jedoch so, dass lediglich der Nettobetrag zum Zuge kommt und beim Kaufpreis daher die Mehrwertsteuer rausgerechnet werden muss.
Beispiel
Die X-AG kauft eine Maschine zum Bruttopreis von 1.190 €. Wie hoch ist der Anschaffungspreis?
Als Kaufpreis, der Ausgangspunkt für die Ermittlung der Anschaffungskosten ist gilt damit lediglich 1.190:1,19 = 1.000 €.
Anschaffungspreisminderungen
Zum zweiten Punkt, den Anschaffungspreisminderungen. Zu den Anschaffungspreisminderungen werden von vielen:
Rabatte,
Boni und
Skonti
gerechnet. Rabatte mindern den Nettoverkaufspreis und bilden deshalb einen Abzugsposten.
Beispiel
Auf die oben erwähnte Maschine zum Bruttowert von 1.190 € wird ein 10%-iger Rabatt gewährt. Wie hoch sind die Anschaffungspreisminderungen?
Der Anschaffungspreis ist, wie oben bereits erwähnt, netto 1.190 : 1,19 = 1.000 €. Hiervon sind wegen des ausgesprochenen Rabatts 10% von 1.000 €, also 100 € Rabatt, abzuziehen. Es verbleiben also 900 €. Ein Skonto beinhaltet das Recht, vom Verkaufspreis einen bestimmten Betrag abzuziehen, wenn man innerhalb einer bestimmten Frist bezahlt.
Beispiel
Auf den Nettoverkaufspreis nach Rabatt bei der oben erwähnten Maschine wird ein Skonto von 2% bei Zahlung innerhalb von zehn Tagen gewährt, ansonsten ist der Nettoverkaufspreis nach Rabatt innerhalb von 30 Tagen fällig. Wie hoch ist der Skonto?
Es liegt ein Skonto vor in Höhe von 0,02·900 = 18 €. Da die Nichtinanspruchnahme eines Skontos ein sehr teurer Lieferantenkredit ist, sollte der Skonto in Anspruch genommen werden. Von daher erscheint es plausibel, einen Skonto auch bilanztechnisch vom Nettoverkaufspreis abzuziehen und nur den nach Skontoabzug niedrigeren Wert (zuzüglich eventuell anfallender Anschaffungsnebenkosten) zu aktivieren. Zum dritten Punkt, nämlich den Boni, ist folgendes zu sagen: Ein Bonus wird nicht auf einen einzelnen Vermögensgegenstand, der verkauft wird, gewährt, sondern einem „guten Kunden“ generell eingeräumt.
Beispiel
Da die Müller-AG langjähriger Kunde der X-AG ist, darf sie die oben erwähnte Maschine zusätzlich zum gewährten Rabatt von 10% abzüglich eines Treuebonus für langjährig gute Zusammenarbeit in Höhe von 5% beziehen.
Der 5% Bonus bezieht sich auf den Preis nach Rabatt, d.h. auf (900 – 18 = 882 €). Von diesen 882 € werden also 5 % berechnet, d.h. 0,05·882 = 44,10 €. Die Müller-AG erwirbt also die Maschine zu einem Preis von 900 – 18 - 44,1 = 837,90 € (vor Abzug des Skontos).
Methode
METHODE:
Problematisch am Abzug des Bonus ist jedoch die Formulierung in § 255 Abs. 1, 1 letzter Halbsatz HGB. Hiernach dürfen nur einzeln zurechenbare Kosten (=Einzelkosten) als Anschaffungskosten gelten. Da ein Bonus im Gegensatz zum Rabatt aber gerade nicht dem Vermögensgegenstand einzeln zuordenbar ist, sondern lediglich dem Käufer generell für mehrere Vermögensgegenstände gewährt wird, handelt es sich bei einem Bonus gerade nicht um Einzelkosten, sondern im Rahmen der Zuordnung zum einzelnen Vermögensgegenstand gerade nur um Gemeinkosten. Daher dürfen nach unserer Ansicht Boni nicht vom Nettoanschaffungspreis abgezogen werden, die einzig zulässigen Anschaffungspreisminderungen sind deswegen:
Rabatte
Skonti.
Anschaffungsnebenkosten
Zu den Anschaffungsnebenkosten gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB jene Aufwendungen die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand in seinen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Hierzu zählen
Fundamentierungskosten,
Versicherungen,
Frachtgebühren usw.
Die Anschaffungsnebenkosten machen oftmals einen nicht unerheblichen Teil der Anschaffungskosten insgesamt aus. Auch sie sind grundsätzlich netto zu buchen (soweit die bilanzierende Unternehmung zum Vorsteuerabzug berechtigt ist).
Nachträgliche Anschaffungskosten
Bei den nachträglichen Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB handelt es sich um Kosten, die nach dem Kauf entstehen (im Gegensatz zu den Anschaffungsnebenkosten die mit dem Kaufakt verbunden sind). Wichtig ist aber, dass die nachträglichen Anschaffungskosten in einem wirtschaftlichen Zusammenhang zu dem Akt der Anschaffung stehen.
Beispiel
Die X-GmbH kauft einen Computer im Wert von 2000 €, sechs Monate nach Anschaffung wird zusätzlich eine Grafikkarte angeschafft und in den Computer eingebaut. Der Kaufpreis für die Grafikkarte beträgt 500 €. Muss diese einzeln aktiviert werden, oder erhöht sie als nachträgliche Anschaffungskosten die gesamten Anschaffungskosten des Computers?
Da die Anschaffung in einem wirtschaftlichen Zusammenhang zum Kauf steht und sie die Gebrauchsfähigkeit des Computers, d.h. dessen Substanz, drastisch erhöht, ist die Grafikkarte im Rahmen von nachträglichen Anschaffungskosten zu buchen.
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