Die Bilanz ist neben der GuV- und sonstigen Gesamtergebnisrechnung, der Kapitalflussrechnung, der Eigenkapitalveränderungsrechnung und dem Anhang ein Bestandteil eines vollständigen IFRS-Abschlusses (IAS 1.10). Für sämtliche dieser Abschlussinstrumente gelten die folgenden allgemeinen Aufbau- und Gliederungsprinzipien:
- Bereitstellung von Vergleichsinformationen und der in diesem Zusammenhang stehende Grundsatz der Gliederungsstetigkeit,
- das Bruttoprinzip bzw. das Saldierungsverbot sowie
- der Wesentlichkeitsgrundsatz.
Diese allgemeinen Grundsätze werden im Folgenden auf die Bilanz bezogen dargestellt.
IAS 1.38 verpflichtet die IFRS-Anwender, zu den quantitativen Informationen der Bilanz der aktuellen Berichtsperiode stets auch die quantitativen Vergleichsinformationen der vorangegangenen Berichtsperiode anzugeben; zudem sind in die Vergleichsinformationen auch verbale und beschreibende Informationen einzubeziehen, wenn sie für das Verständnis des Abschlusses der Berichtsperiode von Bedeutung sind.
Unter bestimmten Voraussetzungen (Bilanzierungs- und Bewertungsfehler oder Änderung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden) schreibt IAS 8 auch eine rückwirkende Korrektur der Bilanz vor; Analoges gilt auch für den Fall einer rückwirkenden Umgliederung von Bilanzposten. In diesen Fällen muss zusätzlich in einem vollständigen IFRS-Abschluss auch die IFRS-Bilanz zu Beginn der vorangegangenen Berichtsperiode dargestellt werden (IAS 1.10 f i. V. m. IAS 1.40A – D).
Aus der großen Bedeutung, die der Bereitstellung von Vergleichsinformationen zugemessen wird, folgt insbes. der Grundsatz der Gliederungsstetigkeit (IAS 1.45). Heruntergebrochen auf die Bilanz bedeutet Gliederungsstetigkeit, dass ein Unternehmen sowohl die Darstellung als auch den Ausweis von Posten in der Bilanz von einer zur nächsten Berichtsperiode grundsätzlich beizubehalten hat. Durchbrechungen dieses Grundsatzes sind insbes. bei einer wesentlichen Änderung des Tätigkeitsfelds des Unternehmens (z. B. Aufnahme oder Aufgabe bestimmter wesentlicher Geschäftsbereiche; vgl. IAS 1.46), bei einer durch einen IAS/IFRS vorgeschriebenen geänderten Darstellung oder auch in dem Falle möglich, wenn eine Überprüfung der Darstellung des Abschlusses ergibt, dass eine Änderung der Darstellung oder Gliederung unter Berücksichtigung der Relevanz und der Verlässlichkeit zu einer besser geeigneten Darstellungsform führt.
Ein weiteres allgemeines Aufbau- bzw. Gliederungsprinzip für die Bilanz ist das Bruttoprinzip oder das Saldierungsverbot. Nach IAS 1.32 darf ein Unternehmen Vermögenswerte und Schulden nicht miteinander verrechnen, sofern die Saldierung nicht von einem IAS/IFRS vorgeschrieben ist. Ebenso wie in anderen Rechnungslegungsinstrumenten vermindern Saldierungen von Vermögenswerten und Schulden im Allgemeinen die Aussagekraft der Abbildung von Geschäftsvorfällen und sonstigen abzubildenden Ereignissen, es sei denn, durch eine Saldierung wird der Gehalt von Geschäftsvorfällen und Ereignissen besser wiedergegeben (IAS 1.33 Sätze 1 f.). Letzteres gilt bspw. für die Saldierung von aktiven und passiven latenten Steuern unter den in IAS 12.74 aufgeführten Bedingungen. Klarstellend führt IAS 1.33 Satz 3 aus, dass die Bewertung von Vermögenswerten nach Abzug der darauf entfallenden Wertberichtigungen keine Saldierung darstellt.
Bilanzen sind eine Zusammenstellung einer Vielzahl von Vermögenswerten und Schulden, die strukturiert werden, indem Vermögenswerte und Schulden gemäß ihrer Art oder ihrer Funktion nach zu bestimmten Gruppen von Vermögenswerten und Schulden zusammengefasst werden. In der abschließenden Phase des Zusammenfassungs- oder Gliederungsprozesses werden die zusammengefassten und klassifizierten Vermögenswerte und Schulden als Posten in der IFRS-Bilanz ausgewiesen (IAS 1.30 Sätze 1 f.).
Sowohl bei der Zusammenfassung einzelner Vermögenswerte und Schulden zu einer Gruppe bzw. einem Bilanzposten als auch für die Frage des separaten Ausweises der einzelnen Bilanzposten erlangt der Wesentlichkeitsgrundsatz eine große Bedeutung. Nach IAS 1.29 hat ein Unternehmen jede wesentliche Gruppe gleichartiger Posten (von Vermögenswerten und Schulden) gesondert darzustellen. Sofern ein Bilanzposten für sich allein nicht wesentlich genug ist, um eine gesonderte Darstellung in der Bilanz zu rechtfertigen, wird er im Regelfall mit einem anderen ähnlichen Bilanzposten zusammengefasst und gemeinsam bilanziell abgebildet (IAS 1.30 Satz 3). Gleichwohl kann der mit einem ähnlichen Bilanzposten zusammengefasste Bilanzposten aus der Perspektive des Abschlussinstruments Anhang dennoch wesentlich genug sein, um in den Anhangangaben eine gesonderte Darstellung zu rechtfertigen. Ein Beispiel hierfür kann die Untergliederung des Buchwerts der Sachanlagen in die zu fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten und die nach der Neubewertungsmethode bewerteten Sachanlagen im Anhang sein (IAS 16.77 e).
Gliederungsvorschriften der Bilanz
IAS 1 schreibt für die Darstellung der Bilanz kein besonderes Format, z. B. die Kontoform, vor (IAS 1.57 Satz 1). Obwohl die Kontoform zur Darstellung der Bilanz auch bei IFRS-Anwendern üblich ist, sind andere Formate, wie insbes. die Staffelform zur Darstellung der IFRS-Bilanz, ebenso möglich. Eine IFRS-Bilanz nach der Staffelform könnte derart aufgebaut sein, dass zunächst die einzelnen Vermögenswerte – unter Beachtung der im Folgenden geschilderten weiteren Gliederungsvorschriften– dargestellt werden und als Zwischensumme die „Summe der Vermögenswerte“ ausgewiesen wird, von der ausgehend die Schulden, ggfs. gegliedert in kurz- und langfristige Schulden, abgesetzt und als Residualgröße das Eigenkapital ausgewiesen wird.
An speziellen Gliederungsvorschriften für die IFRS-Bilanz enthält IAS 1.54 eine Auflistung von Posten, die ihrem Wesen oder ihrer Funktion nach so unterschiedlich sind, dass sie einen getrennten Ausweis in der Bilanz erfordern (IAS 1.57 Satz 2).
Eine Gliederungserweiterung um zusätzliche Posten ist immer dann vorzunehmen, falls die Art, der Umfang oder die Funktion eines Bilanzpostens oder die Zusammenfassung ähnlicher Bilanzposten so sind, dass eine gesonderte Darstellung für das Verständnis der Vermögens- und Finanzlagerelevant ist (IAS 1.57 Satz 3 a). Ein Beispiel hierfür ist der gesonderte Ausweis von Kundenverträgen i. S. d. IFRS 15 bei entsprechender Bedeutung der langfristigen Auftragsfertigung (z. B. im Schiffbau, langfristigen Anlagenbau oder in der Softwareentwicklung). Zudem enthalten die einzelnen IAS/IFRS eine Reihe von Wahlpflichtangaben, die entweder in der Bilanz oder im Anhang dargestellt werden können (z. B. die durch IAS 2.36 b geforderte unternehmensspezifische Untergliederung des Gesamtbuchwerts der Vorräte).
Obwohl IAS 1 eine Reduzierung der in IAS 1.54 aufgeführten Postenausweise nicht ausdrücklich vorsieht, dürfte eine solche dennoch zulässig sein, falls der betreffende in IAS 1.54 genannte Bilanzposten unwesentlich ist. In diesem Falle ist eine Zusammenfassung des unwesentlichen Bilanzpostens mit einem ähnlichen, jedoch bedeutsameren Bilanzposten vorzunehmen. Beispielsweisekönnten Finanzinvestitionen mit Sachanlagen zusammengefasst werden, falls den Erstgenannten keine wesentliche Bedeutung zukommt, die einen gesonderten Ausweis rechtfertigt.
Ebenso kann die Bezeichnung der Bilanzposten geändert werden, sofern dies für das Verständnis der Vermögenslage eines Unternehmens relevant ist (IAS 1.57 Satz 3 b). Hier ist insbes. an Anpassungen der allgemeinen Bilanzpostenbezeichnungen zu denken, um den jeweiligen Branchenspezifika ausreichend Rechnung zu tragen (z. B. Energieversorgungs-, Medien-, Logistik- oder Finanzdienstleistungsunternehmen).
Zudem können Zwischensummen in der IFRS-Bilanz eingefügt werden, wenn dies für das Verständnis der Vermögens- und Finanzlage relevant ist (IAS 1.55A). In diesem Zusammenhang ist insbes. die aufgrund von IAS 1.60 häufig vorgenommene Untergliederung der Vermögenswerte und Schulden in lang- und kurzfristig zu nennen.
Obwohl IAS 1.57 Satz 1 nicht eine bestimmte Gliederung für die IFRS-Bilanz vorschreibt, sind dennoch in der IFRS-Bilanz im Regelfall kurz- und langfristige Vermögenswerte sowie kurz- und langfristige Schulden als getrennte Gruppen darzustellen; sofern eine Anordnung der Vermögenswerte und Schulden in der Bilanz nach ihrer Liquidität zu einer verlässlicheren und relevanteren Abbildung der Bilanzposten führt, so sind die Vermögenswerte und Schulden nach ihrer Liquidität anzuordnen (IAS 1.60).
IAS 1.66 Satz 1 und IAS 1.69 Satz 1 definieren nicht den Begriff der kurzfristigen Vermögenswerte bzw. der kurzfristigen Schulden. Kurzfristige Vermögenswerte bzw. kurzfristige Schulden liegen immer vor, wenn zumindest eines der nachstehenden Abgrenzungsmerkmale erfüllt ist.
Langfristige Vermögenswerte bzw. langfristige Schulden werden negativ abgegrenzt, da diese immer dann gegeben sind, falls keine kurzfristigen Vermögenswerte bzw. keine kurzfristigen Schuldenvorliegen (IAS 1.66 Satz 2 und IAS 1.69 Satz 2). Darüber hinaus werden im Falle der Untergliederung der Bilanzposten in kurz- und langfristige sämtliche latente bilanzielle Steuerposten der Gruppe der langfristigen Vermögenswerte bzw. langfristigen Schulden zugeordnet (IAS 1.56).
Die zur Veräußerung gehaltenen langfristigen Vermögenswerte und die als zur Veräußerung gehalten eingestuften aufgegebenen Geschäftsbereiche sowie die zu einer als zur Veräußerung gehalten eingestuften Veräußerungsgruppe gehörenden Vermögenswerte und die Schulden, die den Veräußerungsgruppen zugeordnet sind, die gem. IFRS 5 als zur Veräußerung gehalten eingestuft werden, können entweder aufgrund ihrer voraussichtlichen kurzen Verbleibensdauer entweder separat unter den kurzfristigen Vermögenswerten bzw. kurzfristigen Schulden ausgewiesen oder aufgrund der fehlenden Integration in den unternehmerischen Wertschöpfungsprozess häufig auch als je eine separate Kategorie nach den kurz- und langfristigen Vermögenswerten bzw. nach den kurz- und langfristigen Schulden in den IFRS-Bilanzen dargestellt.
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